Klassenkampf ist immer, aber durch die Wirtschaftskrise und die Corona-Pandemie findet er immer offener statt. Die Reichen füllen sich während der Krise die Taschen, während wir Lohnabhängigen uns mit niedrigen Löhnen, steigenden Mieten und weiteren Teuerungen herumschlagen müssen. Am 1. Mai gehen wir als Arbeiter:innenklasse auf die Straße, um deutlich zu machen was notwendig ist: der Kampf für den Sozialismus!
Kommt mit uns am 1. Mai auf die Straße
2021 hatte Deutschland mit ca. 3% Jahresinflation die höchste Inflationsrate seit 1993. Vor allem die Energiepreise (Sprit, Heizen, Strom) steigen. In den letzten Tarifrunden stiegen die Löhne dagegen im Schnitt nur um 1,7%. Durch die Teuerungen ergibt sich also ein Reallohnverlust. Von 1991 bis 2019 ist die Produktivität um 79,8 Prozent gestiegen, während die Reallöhne lediglich um 12,3 Prozent gestiegen sind. Der erwirtschaftete Reichtum fließt also hauptsächlich in die Taschen der Kapitalist:innen. Das ist Klassenkampf. Und die Angriffe des Kapitals nehmen zu. In den produktionsnahen Bereichen steht unter den Schlagwörtern „Energiewende“ und „Digitalisierung“ eine große Umgestaltung an. Entlassungen und Betriebsschließungen finden aktuell schon statt und werden weiter vorbereitet. Gleichzeitig wird versucht, die Ausbeutungsrate massiv zu erhöhen. Löhne werden niedrig gehalten und der Arbeitsdruck steigt. Im Ampel-Koalitionsvertrag wird der Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes die Tür geöffnet. Die täglich zulässige Maximalarbeitszeit und der Grundsatz des 8-Stunden-Tages stehen auf dem Spiel. In Niedersachsen wurde für Betriebe der „kritischen Infrastruktur“ die Wochenarbeitszeit auf bis zu 60 Stunden erhöht. Ungeimpfte erhalten mittlerweile keine Lohnfortzahlung mehr, wenn sie in Quarantäne sind. Diese Regelung soll auch auf nicht vollständig Geimpfte ausgeweitet werden. Die Pandemie wird hier als Grund genommen, Errungenschaften der Arbeiter:innen-Bewegung anzugreifen. Klassenkampf eben. Der Staat zeigt sowohl in der Pandemie-Bekämpfung als auch im Umgang mit der Wirtschaftskrise, dass er ein Staat des Kapitals ist. Oberste Priorität hatte von Anfang an der ungestörte Fortgang der Ausbeutungs-Maschinerie. Wo es nötig war, wurde die Aufrechterhaltung der Profite mit Staatsgeldern garantiert. Die Lasten hatten die Lohnabhängigen und kleinen Selbstständigen zu tragen. Auch gegen die Teuerungen wird uns keine bürgerliche Regierung helfen. Besonders deutlich wird dies bei den dramatisch teureren Energiepreisen. Mit Maßnahmen wie der CO2-Steuer oder einem Emissionshandel soll die Energiewende über den Markt geregelt werden. Das bedeutet, dass wir die Teuerungen tragen müssen, während Konzerne weiter ihre Milliarden-Profite machen können und nebenbei unsere Lebensgrundlage zerstört wird. Dagegen hilft nur: Klassenkampf!
Für eine revolutionäre Perspektive
Wir müssen revolutionäre Positionen auf die Straßen, in die Gewerkschaften und die Betriebe tragen. Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist dies nicht nur notwendig, sondern auch möglich! So lange das Privateigentum an Produktionsmitteln nicht angetastet wird, wird eine Krise auf die nächste folgen. Neben der tagtäglichen Ausbeutung werden dann auch die Krisenfolgen auf unsere Klasse abgewälzt. Sozialpartnerschaft ist eine Lüge, denn die Realität lautet: Klasse gegen Klasse. Alle Errungenschaften wurden von den Belegschaften, von der Basis erkämpft und nicht durch Stellvertreterpolitik. Also organisieren wir uns und nehmen den Kampf auf.
Kommt mit uns am 1. Mai auf die Straße. Für eine revolutionäre Perspektive!
9:30 Uhr Gewerkschaftsdemo Odeonsplatz
13:00 Uhr Revolutionäre Demo Rindermarkt
16:00 Uhr Erster Mai Fest Barrio Olga Benario, Spitzingplatz
Am letzten Samstag, den 19. Februar zogen wir gleich zweimal lautstark und gut sichtbar mit Hunderten durch die Münchner Innenstadt. Einerseits traf sich wie jedes Jahr die oberste Riege aus Rüstungsindustrie, Außenminister:innen und Militär zur Münchener Sicherheitskonferenz „SiKo“. Außerdem jährte sich an dem Tag der neunfache rassistische Mord in Hanau zum zweiten Mal. Zwei Daten, die angesichts der sich zuspitzenden Kriegsrhetorik zwischen der Nato und Russland, und dem ständig präsenten Terror von Rechts zentrale Bedeutung für uns haben.
Die Demonstration gegen die SiKo startete kämpferisch und für die Bullen überraschend mit einer Sponti durch die Fußgängerzone vom Marienplatz bis zum Auftaktkundgebungsort am Stachus. Knapp 150 Menschen haben dort schon klar gemacht, das sie bereit sind den traditionellen Schikanen, Kontrollen und der Einschüchterung der Repressionsorgane zur SiKo etwas entgegenzusetzen. Die Stimmung war also gut, als sich anschließend an die Kundgebung die Demo, und darin der antikapitalistische Block (mit ca. 600 Teilnehmer:innen der stärkste organisierte Bereich der Demo) aufstellten.
Am Rand der Auftaktkundgebung wurden einige Vertreter:innen der sogenannten „Freien Linken“, die mit verschwörungstheoretischen rechten Corona-Leugner:innen zusammenarbeiten abgedrängt. Sie verbrachten den Auftakt unter Bullenschutz am Rand. Begleitet von einem erwartbar riesigen Bullenaufgebot, am antikapitalistischen Block mit mehrreihigem Spalier, zog die Demo durch die Innenstadt, in unmittelbarer Nähe zum Bayerischen Hof, wo parallel die Sicherheitskonferenz stattfand. Während dort drinnen die Werbetrommel für militärische Interventionen gerührt, und gedealt wurde wie viele Waffen die Ukraine nun bekommen soll, waren auf der Straße antimilitaristische Parolen zu hören. Eine Vertreter:in von Perspektive Kommunismus erklärte in einer Rede die wirtschaftlichen Interessen hinter dem aktuellen Ukraine Konflikt (1, 2) und stellte fest:
Unser Internationalismus muss stattdessen antikapitalistisch sein. Mit einem klaren Bekenntnis zum Proletariat, als der Klasse, die als erstes auf den Schlachtfeldern sterben. Was wir brauchen, ist ein revolutionärer Antimilitarismus. Ein Internationalismus, der die kapitalistische Ordnung in Russland, den USA und der BRD gleichermaßen stürzen will. Ein Antimilitarismus, der nicht Pazifismus lehrt, sondern dem imperialistischen Kriegstreiben ein Ende setzt. Wenn nötig, auch mit Gewalt.
Der Ausdruck im Block wurde mehrfach untermalt von pyrotechnischen Effekten und brachte durch Schilder und Transpis die verschiedenen Aspekte internationaler Solidarität zum Ausdruck, vom Bezug auf den Kampf in Rojava, bis zu antimilitaristischer Praxis gegen Rüstungskonzerne in Deutschland.
Als die Demo am Marienplatz angekommen war, versuchten die Bullen ihre passive Rolle in den Stunden vorher mit massiver Repression wieder gutzumachen. Auf dem Weg weg von der Kundgebung wurden mehrere Genoss:innen festgenommen. Dabei waren sich die Cops nicht zu schade sich teilweise fadenscheinige Vorwürfe, wie das Verknoten von Seitentransparenten, aus den Fingern zu saugen um die Attacken zu rechtfertigen. Solidarisierungen von anderen Teilnehmer:innen beantworteten die Bullen prompt mit Anzeigen wegen Widerstand und tätlichen Angriffs. Teils verfolgten Zivis oder Bereitschaftsbullen die sich entfernenden Teilnehmer:innen durch die halbe Stadt.
Davon nicht eingeschüchtert fanden sich am frühen Abend noch einmal an die 1000 Menschen zur Gedenkkundgebung und Demonstration für die Opfer des rassistischen Terroranschlags in Hanau am 19. Februar 2020 ein. Die Veranstaltung, die zusammen von migrantischen Initiativen, antifaschistischen Gruppen und Gewerkschaftsjugenden organisiert worden war, hatte die Forderung nach Aufklärung, Trauer und Erinnerung im Fokus. Die anschließende antifaschistische Demonstration wandelte das in Wut um: Gegen den institutionalisierten Rassismus, die rechten Strukturen in den Behörden, und den anhaltenden Terror von Rechts.
Das riesige Bullenaufgebot am Rand der Demo versuchte durchgehend einzuschüchtern, war aber längst nicht so souverän, wie es wirken sollte. Eine Gruppe von ihnen, die an einer Engstelle das Spalier nicht aufgeben wollte, drückte sich zwischen die Demo und einen Bauzaun. Die Reaktion auf den vorhersehbaren Platzmangel war ein panischer Angriff mit Knüppel und Pfefferspray. Die Demo zeigte in dieser Situation Geschlossenheit und wehrte Angriffe auf die Seite an mehreren Stellen ab.
Die Rache dafür folgte in den weiteren Abendstunden: Noch bei der Abfahrt wurden Demoteilnehmer:innen in der U-Bahn zusammengeschlagen. Dass auf Menschen, die die Portraits von Opfern rassistischer Gewalt tragen, eingeprügelt wird, mag schockierend aussehen, für uns ist es aber vor allem eine weitere Bestätigung, dass dieser Staat kein Verbündeter ist im Kampf gegen rechten Terror. Wenn wir uns vor faschistischer Gewalt schützen wollen, dürfen wir uns nicht auf diesen Staat verlassen, sondern müssen wir unsere eigene Seite aufbauen. Das bedeutet den antifaschistischen Selbstschutz stärken, und gemeinsam eine starke revolutionäre Bewegung bilden. Rassismus hat seine Wurzeln in der Herrschaft des Kapitals, das uns spalten will um uns besser ausbeuten zu können. Dem setzen wir – angesichts nationalistischem Kriegsgeheul genauso wie rassistischer Ausgrenzung – unsere internationale, proletarische Solidarität entgegen.
„Unsere Welt ist in Gefahr“ ist der erste Satz, den man von Wolfgang Ischinger, Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz (Siko) zur Siko 2022 auf ihrer Website lesen kann. Wenn die Kriegsminister:innen, Waffenlobbyist:innen und Kapitalvertreter:innen sich bedroht fühlen, dann reagieren sie mit Aufrüstung und Militarisierung. Das ist das, wovor wir uns bedroht fühlen sollten. Die Sicherheitskonferenz, die vom 18.-20. Februar stattfinden wird, ist Teil des Problems, nicht der Lösung.
Der Kampf um Rohstoffe und Märkte befeuert die Kriegsgefahr Die deutsche Wirtschaft hat die Corona-Krise gut überstanden. Dank Milliardenpakten, die hauptsächlich in die Bilanzen von Unternehmen und die Taschen von Aktionär:innen geflossen sind, steht die deutsche Wirtschaft nach wie vor gut da. Doch dies sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Lage gefährlicher geworden ist. In Europa ist aufgrund der Rettungspakete die Schuldenlast auf über 100% des Bruttoinlandsprodukt angestiegen. Eine Steigerung von 19% im Vergleich zu 2019. Weniger Geld also bei den Staaten, an die die deutsche Exportwirtschaft exportieren will. Mehr als die Hälfte der deutschen Exporte gehen nach wie vor in die EU. Damit steigt der Druck, deutsche Waren in die Welt zu exportieren und sich dort gegen die Konkurrenz durchzusetzen.
Doch nicht nur im Export erhöht sich der Druck. Holzmangel, Papiermangel, Lackmangel, Chipmangel. Derzeit hört man viel von Rohstoffen, die nicht verfügbar sind. Die Computerchip-Krise ist dabei ein direktes Zeichen imperialistischer Konkurrenz. Nachdem die USA Sanktionen gegen China im Bereich der Chipproduktion angekündigt hatten, kauften chinesische Firmen den Markt leer. Die Folgen davon spüren wir noch jetzt. Die globale Konkurrenz um Absatzmärkte und Rohstoffe verschärft sich und damit auch die Gefahr einer militärischen Konfrontation, um sich das größte Stück vom Kuchen zu sichern.
Ampel auf Olivgrün Aus der verschärften Konkurrenz zieht die Ampelkoalition ihre Schlüsse und einer davon heißt Aufrüstung. So ist geplant, neue atomwaffenfähige Kampfjets zu beschaffen, um die in Büchel gelagerten Atomwaffen auch einsetzen zu können. „Nukleare Teilhabe“ nennt sich dieser Plan im Koalitionsvertrag. Sprachliche Beschönigung ist da wohl auch notwendig: Gegen die Anschaffung dieser Kampfjets sind 74% der SPD-, 89% der Grünen- und 65% der FDP-Anhänger:innen. Wenn es um die „Bündnisfähigkeit“ in der NATO geht, ist dieser Regierung ihre Basis egal.
Die Ampel-Koalition will darüber hinaus bewaffnete Drohnen anschaffen und die „europäische Rüstungszusammenarbeit“ stärken. In diesem Rahmen wurde bereits eine bewaffnete Eurodrohne entwickelt. Nun sollen 14 weitere Projekte dazukommen. Außerdem soll eine 7.000 Soldat:innen starke EU Eingreiftruppe aufgebaut werden, die innerhalb kurzer Zeit weltweit eingesetzt und in Krisenregionen verlegt werden kann. Die Türkei ist für die SPD, Grüne und FDP ein „wichtiger Partner“. Dass die türkische Regierung gegen das revolutionäre Projekt in Rojava einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führt, zehntausende Oppositionelle inhaftiert und foltert und Frauen- und LGBTQI-Rechte immer weiter einschränkt, spielt dabei keine Rolle.
Grenzabschottung Während die nuklearen Aufrüstungspläne sprachlich verharmlost werden, wird gegen Geflüchtete aufgerüstet. Eine „Rückführungsoffensive“ plant die Ampelkoalition. Und das gilt nur für die, die es überhaupt hierher schaffen. So ermorden SPD, GRÜNE und FDP lieber Menschen an der polnisch-belarussischen Grenze, statt sie aufzunehmen. So investieren sie weiterhin in Marokko, Algerien, im Senegal, Libyen und der Türkei Milliarden in jeden, der verspricht die europäischen Grenzen vor denjenigen zu schützen, die aus ihrer Heimat fliehen müssen. Diktatur, Folter, Zwangsprostitution von Frauen und Mord inbegriffen und in Kauf genommen. Die neue Koalition sagt hierzu lediglich „die EU und Deutschland dürfen nicht erpressbar sein“. Als würde man nicht willig über jedes Verbrechen des türkischen Diktators Erdogan hinwegsehen, solange er Geflüchtete bekämpft. Als würde nicht die EU weiterhin jedes Jahr tausende Geflüchtete im Mittelmeer ermorden, indem sie sie zu immer gefährlicheren Fluchtrouten zwingt. Erpressbar ist man nicht, man bringt diese Menschen freiwillig um.
Auf nach München Auf der ganzen Welt kommt es aktuell vermehrt zur Zuspitzung von kapitalistischen Krisen. Die Auswirkungen der Krise werden auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen und führen zur Entstehung von sozialen Kämpfen, die sich gegen Ausbeutung, Flucht und die herrschende Klasse richten, so wie bei den Streiks letztens in Südspanien in Cádiz oder bei den Protesten in Chile und im Libanon.
Wenn auch ihr all das nicht hinnehmen wollt, dann gibt es kaum einen besseren Ort um zu protestieren als am 19. Februar 2022 in München. Wie jedes Jahr kommen hier Vertreter:innen aus Rüstungsindustrie, Kapital und Politik zusammen, um ihre Interessen abzustecken, Rüstungsdeals abzuschließen und sich am Ende noch als Friedensbringer:innen zu inszenieren. In München, wo 64 Rüstungsfirmen alle Bereiche der Waffenherstellung abdecken. Aber auch in München, wo seit vielen Jahren Tausende auf die Straße gehen und ihnen ihre Propaganda nicht einfach durchgehen lassen. Kämpfen wir gegen diese Weltordnung der kapitalistischen Konkurrenz und gegen ihre Kriege.
Lasst uns daher am 19. Februar gemeinsam auf die Straße gehen! Kommt in den Antikapitalistischen Block!
Unterstützende Gruppen: In Aktion gegen Krieg und Militarisierung München (AKM), Antifaschistische Jugend Augsburg (AJA), Antikapitalistische Linke München (ALM), Arbeitskreis Internationalismus Stuttgart, Offenes Treffen gegen Krieg und Militarisierung Stuttgart (OTKM), Prolos Nürnberg, Revolutionär Organisierte Jugendaktion Nürnberg, Sozialrevolutionäre Aktion Regensburg
Vorträge & Aktionen:
28.01. Antimilitaristische Stadttour durch München | 18 Uhr | Ort folgt
Die Proteste gegen die Internationale Automobilausstellung (IAA) in München liegen hinter uns. Da es eine zentrale Mobilisierung für uns war, wollen wir mit diesem Text eine etwas ausführlichere Auswertung vornehmen.
Aktionen, Aktionen, Aktionen … Die wohl offensichtlichste Feststellung zuerst: Der Ablauf der IAA konnte, entgegen der Ankündigung der Polizei, keine Störungen zuzulassen, durch vielfältige offene und verdeckte, friedliche und militante Aktionen gestört werden.
Als „Perspektive Kommunismus“ haben wir uns an den Aktionen von „Smash IAA“ beteiligt und mit dem Klassenkampf-Zelt einen eigenen revolutionär-klassenkämpferischen Ausdruck auf dem Mobilitätswende Protestcamp in München geschaffen. In unserem Zelt fanden neben Vorträgen verschiedener Strukturen und Initiativen – unter anderem ein Vortrag von uns zu revolutionären Strategien im Klimakampf – auch der „Smash IAA“ Infostand und ein kleiner Aufenthaltsbereich seinen Platz.
Zu den Aktionen: „Smash IAA“ organisierte am Aktionstag zwei Finger, die auf verschiedene Arten die scheinbare Spaltung zwischen Arbeiter:innen und Klimabewegung überwinden und den Charakter der IAA als Greenwashing-Event des Autokapitals entlarven sollten. Am Königsplatz auf dem stark bewachten IAA Open-Space Gelände tauchte am Vormittag überraschend für Bullen und IAA-Security ein Blockade-Finger auf. In gelben Warnwesten und mit Rauch untermalt besetzten knapp 50 Menschen den BOSCH-Messestand, verschönerten den Stand mit Stencils, „Bosch-Enteignen“ Konfetti und Transpis und machten mit Megafondurchsagen auf das hier betriebene Greenwashing auf Kosten der Beschäftigten aufmerksam. Im Anschluss verließ der Finger selbstbestimmt und geschlossen wieder das Gelände und konnte noch eine kurze Spontandemonstration abhalten. Auch wenn die meisten Aktivist:innen kurz darauf von einen großen Bullenaufgebot gekesselt wurde – was im Herzen der Bullenfestung IAA wohl zu erwarten war – blieb die Stimmung kämpferisch und gut.
Fast gleichzeitig zu dieser Aktion sammelte sich der offizielle Finger von Smash IAA in der Nähe des bedrohten BOSCH-Werks im Stadtteil Berg am Laim. Nachdem klar war, dass die Bullen jeden Versuch das Camp geschlossen zu verlassen mit Gewalt und in Überzahl unterbinden würden, hatte sich auch dieser Finger auf verdeckten Wegen an sein Ziel begeben. Das BOSCH-Werk Berg am Laim soll geschlossen werden, Vorwand dafür ist die Umstellung auf Elektromobilität. Eine gemeinsame Kampagne von Klimaaktivist:innen und Beschäftigten setzt sich dort für den Erhalt des Werks und die klimafreundliche Umstellung der Produktion unter Arbeiter:innenregie ein. Schon die Anreise zur Aktion war ein voller Erfolg, da Polizeibegleitung komplett verhindert wurde, und trotzdem ein Großteil des ursprünglichen Fingers, auch unorganisierte Menschen, mitgenommen werden konnten. Eine stimmungsvolle Sponti ging Richtung Werk, wo dann das Vordach von Aktivist:innen besetzt wurde, die ein Banner anbrachten, das zum gemeinsamen Kampf von Arbeiter:innen- und Klimabewegung aufruft. Nachdem hier ebenfalls das Werk verschönert, und eine ca. 20 minütige Kundgebung abgehalten wurde, ging auch dieser Finger selbstbestimmt wieder in Richtung U-Bahn. Erst dort trafen die anscheinend von der Aktion überraschten Bullen ein und versuchten den Weg zu versperren. Kreativ und auf verschiedenen Wegen konnten aber alle Aktivist:innen Verhaftungen entgehen und wieder sicher das Camp erreichen.
Am gleichen Tag gelang es ebenfalls den anderen Bündnissen, Störaktionen durchzuführen. So wurde am Rand der angemeldeten Demonstration von „No future for IAA“ zwei Häuser besetzt und der Stand von Daimler in der Innenstadt von „Sand im Getriebe“ lahmgelegt. Zusätzlich gab es kleinere Störaktionen und eine Blockade der „Blue Lane“ durch eine Abseilaktion. Sowohl bei diesen Aktionen als auch bei Durchbruchversuchen von Fingern, die vom Camp aus starteten, kam es zu Konfrontationen mit den Bullen, die sich nicht scheuten Pfeffer und Schlagstock einzusetzen. Am Abend begrüßte eine spontane Demo mit roten Fahnen und antikapitalistischen Parolen aus dem Camp heraus die übrigen zurückkehrenden Aktivist:innen. Der Aktionstag konnte so mit einem starken solidarischen Moment kollektiv beendet werden.
Am Samstag ging es weiter mit einer Großdemonstration, die hauptsächlich von NGOs organisiert wurde. An der Demo beteiligten sich stabile Blöcke von Smash IAA und Sand im Getriebe/No future for IAA. Laut und kämpferisch zogen diese mit pyrotechnischer Untermalung los. Neben einigen Rauchtöpfen gab es aus der Demo heraus eine Baumkletteraktion, bei der ein Transparent gespannt wurde. Der darauf folgende Versuch der Bullen einen Teil des Block-IAA Blocks zu Kesseln, sowie den Smash-IAA Block vom Rest der Demo abzutrennen, konnte jedoch genauso wie die Festnahme der kletternden Aktivist:innen verhindert werden.
Als „linker“ Teil der Demo ging es mit Verzögerung weiter auf der Demoroute Richtung Theresienwiese. Die NGOs, die vorher noch großmütige Solidarität auch mit den grenzüberschreitenden Aktionsformen geäußert hatten – wörtlich: „wir werden mit Sand im Getriebe los laufen und wir werden mit Sand im Getriebe wieder Ankommen – hielten von ihren eigenen Worten wohl wenig und sind größtenteils schon kurz nach dem Angriff und dem Stopp durch die Bullen ohne die betroffenen Blöcke weiter gezogen.
Zusätzlich zu den offen angekündigten Massenaktionen konnten im Laufe der IAA trotz des massivem Polizeiaufgebots von 4500 Bullen, die rund um die Uhr die ganze Woche über die IAA und die Symbole der Autoindustrie schützen sollten, offensichtlich auch einige weitergehendere Aktionen gelingen. In der Nacht auf Mittwoch wurde ein Autohaus von BMW angegriffen, der Vorstandsvorsitzende von VW, Herbert Diess, bekam an seiner Privatadresse einen Besuch der sogar den VW-Konzern zu einer weinerlichen Pressemitteilung veranlasste und aus einer größeren Gruppe heraus wurde die Zentrale des LKW- und Rüstungs-Produzenten MAN angegriffen und markiert. Die Erfolge der verschiedenen Aktionsformen machen Mut und haben gezeigt, dass die Herrschenden auch mit riesigen Bullenaufgeboten und ausgeprägten Überwachungsmöglichkeiten nicht unangreifbar sind.
Die IAA und die Gegenproteste Die IAA 2021 wurde in ihrer neuen Ausrichtung als „Mobilitätsmesse“ beworben. Der tatsächliche Charakter der IAA blieb natürlich ein Statussymbol der Autoindustrie, Werbefläche für neue Marktsegmente und nebenbei auch als ganz reale Investition (durch die Ticketpreise und Standgebühren finanziert sich der Verband der deutschen Automobilindustrie). Die schwächelnde deutsche Autoindustrie, die eigentlich schon den Anschluss an die E-Antriebs-Produktion verloren hat, hat hier nochmal alles gegeben um sich grün, zukunftsfähig und begehrenswert zu geben. Wie immer trügt der grüne Schein – auch wenn E-Skooter, Fahrräder und allerlei digitaler Schnickschnack auf der IAA zur Schau gestellt wurden, bleibt der Verbrennungsmotor mit vielen PS als Verkaufsschlager der deutschen Autoindustrie zentral.
Unternehmen, die noch vor Kurzem wegen Abgasskandalen in der Kritik waren, versuchen hier sich als Klimaretter darzustellen. Diese Strategie war so durchschaubar, dass nicht nur Linke, sondern ein breiter Kreis an bürgerlichen Kräften, umweltpolitischen NGOs und Parteien zu Protesten aufriefen. Gezeigt hat sich das vor allem in der NGO-Demonstration am Samstag. Dieser Kreis wurde nicht von linken Teilen des NGO-Spektrums dominiert und bot nicht zufällig wenig Anknüpfungspunkte für klassenkämpferische und antikapitalistische Politik.
Und tatsächlich hat sich in der Tat bewiesen, was sich Worten bereits vorher angekündigt hatte. Trotz der festen Solidaritätszusage ließ das NGO-Bündnis den militanten Teil der Großdemonstration im Stich. Wieder einmal hat sich in der Praxis bewiesen, dass wir uns nicht auf große NGOs und bürgerliche Parteien verlassen sollten, sondern vor Allem auf unsere Selbstorganisierung von unten. Mit den anderen linken Bündnissen gab es dabei ein solidarisches Verhältnis und punktuelle Zusammenarbeit. Die unterschiedlichen Ausrichtungen von „Smash IAA“, „Sand im Getriebe“ und „No future for IAA“ wurden in den Aktionsformen, Zielen und im Ausdruck deutlich. Mit der relativen Eigenständigkeit der Smash IAA Mobilisierung und ihrem solidarischen Verhältnis zu den anderen Spektren konnte die eher neue klassenkämpferische Strömung in der Klimabewegung auch bei einer solchen Großmobilisierung eine gewisse Bedeutung erreichen, und andeuten was noch möglich ist.
Begleitet wurde die IAA von einer massiven Öffentlichkeitskampagne gegen die Proteste: Die IAA unterstützt haben unter anderem die Grünen, die als regierende Fraktion im Stadtrat die Messe mit nach München geholt hatten – darüber konnte auch nicht der billige Versuch hinwegtäuschen sich mit einem Stand auf der NGO-Demo als IAA-kritisch zu verkaufen. Während der Proteste äußerten sich viele führende Politiker:innen, von Baerbock bis Laschet positiv gegenüber der angeblich so nachhaltigen Veranstaltung und kritisch gegenüber den Protesten. Etwas offensiver haben BILD & Co mit den üblichen platten Parolen gegen die Klimabewegung gehetzt (Inklusive Bilder von Infrastruktur-Autos des Protestcamps mit Angabe ihres angeblichen Co2-Ausstoßes). Das Bild der gefährlichen Linksradikalen auf der einen und der netten, beliebten IAA auf der anderen Seite, hat nur das fortgeführt, was das Drecksblatt zu jeder größeren linken Protestveranstaltung zu sagen hat. Die Stimmung in der Münchener Bevölkerung gegenüber der IAA war aber von Anfang an durchaus gespalten, was sich sogar in den Presseberichten verschiedener liberaler Zeitungen wiederfinden lässt. Natürlich gab es viele Autofans, die die Ausstellung besuchten. Aber auch viel Kritik: Weil die IAA trotz Corona durchgezogen wurde und auch weil dafür ein Großteil der Innenstadt gesperrt werden musste. Aber auch inhaltlich: Weil viele Menschen das Greenwashing der Konzerne und Anpreisen überdimensionierter protziger Karren, die sowieso schon täglich die Stadt verstopfen, satt haben.
Die Repression … Die IAA zu verteidigen war offensichtlich und angekündigt Priorität der bayerischen Behörden. Hier hat der Staat ganz direkt gezeigt, dass er als Beschützer des deutschen Kapitals auftritt: Mit dem größten (und wahrscheinlich teuersten) Polizeieinsatz in München seit 20 Jahren wurde diese private Autowerbeveranstaltung durchgeprügelt. Repressionsbehörden haben schon im Vorfeld mit allen Mitteln versucht die Proteste zu kriminalisieren und Bilder von gewalttätigen Protesten in G20-Manier gezeichnet.
Die Bullentaktik setzte außerdem auf möglichst hartes Eingreifen in den ersten Tagen der IAA und bei der Anreise, wohl um die Aktivist:innen frühzeitig einzuschüchtern und von Aktionen abzuhalten. Eine offen angekündigte satirische Führung über die Open Spaces der IAA am Mittwoch wurde noch bevor sie gestartet war am Odeonsplatz gekesselt und die 40 Teilnehmer:innen unter absurden Vorwänden teils bis spät in die Nacht festgehalten. Außerdem wurden verschiedene kollektive Zuganreisen zum Protestcamp sofort von Großaufgeboten in Empfang genommen und die Menschen stundenlang durchsucht. Viele Aktivist:innen erhielten nur auf Grund von „linkem Aussehen“ oder kritischen Flyern in der Tasche für alle IAA-Bereiche Platzverweise.
Bei den Meisten brachte diese Taktik aber vor allem noch mehr Hass auf die Bullen und Entschlossenheit hervor. Das aufgebaute Szenario der Bullen, sie hätten jederzeit alles unter Kontrolle, konnte spätestens am Freitag nicht mehr aufrecht erhalten werden. Mehrere Finger von Sand im Getriebe, die vom Camp auf der Theresienwiese starteten, wagten Durchbruchsversuche. Auch wenn diese relativ schnell scheiterte, bewiesen sie doch einige Entschlossenheit und Bereitschaft, sich mit den Bullen anzulegen. Dass dann die beiden Finger von Smash-IAA trotz der scheinbar permanenten Überwachung unbemerkt an ihr Ziel gelangen und ihre Aktionen selbstbestimmt durchführen konnten, verdeutlichte noch einmal, dass der Handlungsraum für Proteste längst nicht unter vollständiger Bullenkontrolle stand. Auch die weiteren Besetzungen von Ständen in der Innenstadt und die „No future for IAA“ Hausbesetzung im weiteren Verlauf des Tages konnten sie nicht verhindern.
Vor allem im Antworten auf Repression ist es immer wieder gelungen als Bewegung spektrenübergreifend kollektiv zu handeln, ob auf der Demo, beim GeSa-Support oder in kleinen solidarischen Handlungen.
… und unsere Aktionsformen Die lange unklare Struktur des Events „IAA“, die fehlenden Erfahrungswerte und der Charakter als Messe mit hauptsächlich „normalen“ Menschen, die nicht unbedingt unser Feind sind, stellten die Proteste im Vorfeld vor große Herausforderungen. Sowohl im Ziel der Angriffe, als auch im Ausdruck der Aktionen müssen die eigentlichen Inhalte klar werden: Unsere Feinde sind die Kapitalist:innen, wenn wir kämpfen, dann findet das nicht abseits von realen Klasseninteressen statt und eine revolutionäre Perspektive, die über den Kapitalismus hinaus weist, bleibt der Fokus. Auch niederschwellige Aktionen sollten nie einen rein symbolischen Charakter haben, sondern weiter entwickelbar sein und diese Aspekte in sich tragen.
Unserer Ansicht nach war die IAA eine gute Gelegenheit, etablierte Konzepte der Klimabewegung weiterzuentwickeln. Es gibt die Tendenz in dieser Bewegung, Aktionsformen nicht flexibel zu nutzen als Werkzeug, um unsere Ziele zu erreichen, sondern die Form selbst als Inhalt und deshalb absolut zu sehen. Das starre Festhalten an etablierten Fingerkonzepten und der Sitzblockade inklusive Identitätsverweigerung als Allheilmittel für jeden Aktionsanlass hat dazu geführt, dass die Bullen sich immer besser auf Großevents der Klimabewegung vorbereiten können und die Bewegung in der Aktion stagniert.
Gerade bei der IAA war aber gefragt, neue Konzepte zu finden und spontan zu reagieren. Relativ schnell wurde zum Beispiel klar, dass die bayerischen Bullen den Gegenprotest nicht einfach unangemeldet als Finger durch die Stadt würden ziehen lassen. Es mussten also Aktionsformen gefunden werden, die sowohl unter dem erhöhten Druck von Bullenkontrollen und -gewalt funktionieren, als auch offen und anschlussfähig sind. Ein selbstbestimmter Ablauf war nicht durch das günstig nutzbare Terrain (wie z.B. bei Ende Gelände Aktionen der letzten Jahre) und die Mobilisierungsstärke gegeben, sondern musste gezielt organisiert werden.
Außerdem sollte es Aktionen die richtigen Ziele (also: die Herrschenden) treffen und sich selbst vermitteln. Eine reine Konsumkritik, die normale Menschen auf dem Weg zur Arbeit trifft, wie es die Blockade der Autobahnen Anfang der Woche tat, sehen wir daher kritisch. Es ist natürlich nicht auszuschließen, das öffentliche Leben mit Aktionen lahmzulegen, wenn das Ziel vermittelbar ist (z.B. wenn dadurch ein Naziaufmarsch verhindert wird). Die Aktionen am Dienstag haben aber ausnahmslos alle getroffen, die dazu gezwungen waren mangels guter und kostengünstiger Alternative mit dem Auto von A nach B zu fahren. Das der Großteil dieser Menschen wohl eher Teil unserer Klasse sein dürfte und wenig Verständnis für eine solche Aktion aufbringt, dürfte nicht verwundern. Wenn man bedenkt, dass die IAA durch diese – zugegebenermaßen öffentlichkeitswirksamen – Aktionen selbst nicht im geringsten beeinträchtigt wurde und der Diskurs dadurch schnell auf bloße Konsumkritik „wir alle müssen weniger Auto fahren“ gelenkt wird, halten wir solche Aktionen für wenig förderlich.
Ebenfalls dürfen die Aktionen nicht so ausgelegt werden können, dass wir die Arbeiter:innen der Automobilindustrie (oder anderer „klimaschädlicher“ Industrien) dafür angreifen, dass sie ihren Job machen. Das kann erfahrungsgemäß funktionieren, wenn schon Kontakt in die Betriebe besteht und im besten Fall ein gemeinsamer Kampf existiert oder möglich ist.
Die Aktionen vor BOSCH als Angriff auf die Selbstdarstellung des Konzerns in Verbindung mit Solidarität des Arbeitskampfs der Beschäftigten gegen die Schließung des Werks haben Ansätze all dieser Anforderungen erfüllt. Erfreulicherweise ist es mit dem öffentlichen Smash IAA Finger gelungen, eine große Menge an Menschen – auch spontan dazustoßende – in einer verdeckten Aktion einzubinden, was eine gewisse Weiterentwicklung der klassischen Fingertaktik bedeutet. Eine gute Organisation und Vorbereitung, sowie stabil verankerte Strukturen vor Ort haben sich hier mal wieder als wichtigste Grundlage herausgestellt. Nur durch eine detaillierte Vorbereitung und die Mitarbeit vieler organisierter Menschen konnte diese überhaupt in der Form realisiert werden und gleichzeitig einen sicheren Anlaufpunkt für unerfahrene Menschen bieten.
Uns ist klar, dass die klassenkämpferische Strömung nicht der dominierende Teil der Klimabewegung ist und die größten Massen zu den Aktionen mobilisiert. Wir denken aber, dass klare Inhalte, gut strukturierte und ehrlich kommunizierte Aktionen und selbstbestimmtes, kollektives Auftreten der richtige Weg sind, um Menschen nicht nur zu Events zu mobilisieren, sondern dazu zu überzeugen, sich längerfristig zu organisieren.
Klassenkampf & Klimabewegung Bei aller Stärke auf der Straße, ist das Problem von Mobilisierungen wie zur IAA, dass es sich um einen rein politischen Abwehrkampf handelt. Um wirklich gesellschaftliche Umbrüche herbeizuführen und die Machtverhältnisse zu ändern, brauchen wir jedoch die Kämpfe in den Betrieben. Organisierte Arbeiter:innen (oder auch nur linke Gewerkschaftsgliederungen) waren in der Mobilisierung zur IAA nicht vertreten.
Wie es das Beispiel bei BOSCH zeigt, werden jedoch in Deutschland in den kommenden Jahren die Kämpfe rund um die Umstellung auf E-Mobilität, Stellenabbau und Auslagerung stark zunehmen. Es wird gesellschaftliche Umbrüche und Arbeitskämpfe geben, zu denen wir als revolutionäre Linke Bezüge aufbauen müssen. Die Gefahr, dass rechte Kräfte es schaffen diese Dynamik aufzugreifen ist hoch – auch wegen „neoliberale“ Scheinlösungen für die Klimakrise(CO2-Steuer, Dieselverbote…), die sich leicht von rechts skandalisieren lassen.
Eine linke Antwort darauf muss Perspektiven jenseits des Kapitalismus formulieren, der diese Konflikte entstehen lässt. Aber sie muss auch gemeinsam mit den Arbeitenden das Kämpfen für unmittelbare Klasseninteressen beinhalten – und dabei geht es heute vor allem darum, in der Auseinandersetzung zu lernen, die offensivsten Teile der Klasse zu unterstützen und offen als Revolutionär:innen aufzutreten.
Die Aktionen vor BOSCH waren eine symbolische Soli-Aktion, und haben im Rahmen der IAA-Proteste in die richtige Richtung gewiesen. Es muss aber darum gehen, Auseinandersetzungen wie diese, in denen das Kapital angreift und Widerstand notwendig ist, langfristig anzugehen. Dafür ist reine Eventpolitik nicht geeignet. Wir müssen Organisierungen vor Ort entwickeln und eine hohe Sensibilität für Kämpfe/Offensiven zeigen, die von den Arbeiter:innen selbst geführt werden. Die Klimabewegung kann ein wichtiger Verbündeter sein, sie kann jedoch die Kämpfe nicht für die Arbeiter:innen führen.
Wir brauchen sowohl die Kämpfe in den Betrieben als auch eine klassenkämpferische Klimabewegung mit einem klaren Verständnis für eine gesamtgesellschaftliche Perspektive um den Kapitalismus von verschiedenen Seiten anzugreifen, seine Brüche und Widersprüche zu vertiefen und ihn schlussendlich zu überwinden.
Die eigene Seite aufbauen! Nachdem wir nun schon seit einiger Zeit auf verschiedenen Ebenen innerhalb der Klimabewegung aktiv sind, haben wir versucht mit diesem Text in einigen Punkten Einschätzungen zu äußern und Vorschläge zu machen, um eine gemeinsame Strategie zu entwickeln. In der IAA-Vorbereitung ist der Austausch mit anderen Teilen der Klimabewegung viel zu kurz gekommen. Gemeinsame Diskussionen über Ziele, Ausdruck und inhaltliche Perspektiven im Kampf gegen die Klimakrise kamen leider kaum vor. Selbstkritisch sehen wir, dass auch von uns wenig Angebote dazu kamen. Wir würden nun gerne eine solche Strategiediskussion, vielleicht auch als Auswertung, vorschlagen. Wir wollen Fragen wie „Verhältnis zum Staat“, „Klassenfrage“, „Organisierungsformen“ nicht nur für uns alleine beantworten, sondern im Austausch mit anderen (radikalen) Bündnissen und Organisationen. Als revolutionäre Kommunist:innen verstehen wir uns als Teil der Klimabewegung, wir brauchen aber sowohl organisatorisch, als auch in der Praxis eigene Strukturen. Es gibt inhaltliche Widersprüche zu anderen Teilen der Bewegung, die das erforderlich machen, ein gutes Verhältnis zueinander aber keinesfalls ausschließen. Trotzdem ist es uns wichtig, nicht nebeneinander her zu arbeiten, sondern die Bewegung gemeinsam weiterzuentwickeln. Es ist notwendig, dass wir unsere Erfahrungen gemeinsam auswerten, voneinander lernen, und aneinander stärker werden. Allein schon die Dringlichkeit der Klimakrise macht offensichtlich, wie wichtig das ist. Denn klar ist, wie es ist kann es nicht bleiben: Für den Kommunismus!
„Klasse gegen Klasse“. Bei dieser Parole hört man die Wut von einem Jahr Pandemiemanagement des Kapitals und seiner Regierung. Ein Jahr Maximale Gewinne für Spekulant*innen, Manager und Immobilienhaie. Ein Jahr fast ohne Freizeit, nur täglich Lohnarbeit verrichten, um den Chef reich zu machen. Am ersten Mai haben auf der ganzen Welt Kolleg*innen ihre Wut gegen diese Zustände auf die Straße getragen und auch für uns als Revolutionär*innen war es ein Tag um Kämpfe zusammenzuführend ein Zeichen für eine revolutionäre Bewegung zu setzen.
Der Tag begann mit der traditionellen Demonstration morgens vom Gewerkschaftshaus. Ca. 1000 Kolleginnen und Kollegen nahmen sich die Straße und folgten dem Aufruf von Ver.di, GEW und vielen linken Gruppen. Bis zu 200 davon beteiligten sich am antikapitalistischen Block. Der DGB selbst rief nur zu einer Kundgebung am Königsplatz auf. Dort konnte von der Demo ein deutliches Zeichen gesetzt werden. Die Gewerkschaftsführung wollte zuerst nur einen auserlesenen Kreis von Funktionär*innen und ausgewählten Kolleg*innen auf dem Königsplatz zulassen. Doch wir lassen uns ein kämpferisches Moment mit unseren Kolleg*innen sicher nicht kaputt machen. Deshalb haben wir uns den Platz einfach genommen, und sind mit Konfettikanonen feiernd auf den Platz eingezogen. Vor Ort gab noch eine deutliche Banneraktion gegen Sozialpartnerschaft, da der Redner der IG Metall Hoffmann, maßgeblich daran beteiligt war im Herbst den für die Kolleg*innen enttäuschenden faulen Kompromiss in der Metall- und Elektrobranche mit den Arbeitgeber*innen zu schließen.
Ein Jahr Pandemie hat nicht nur die Lage im Kapitalismus noch weiter verschärft, sie hat auch den Widerstand dagegen angefeuert. Die revolutionäre Bewegung in München wird sichtbarer und stärker. Das letzte Jahr war geprägt von unzähligen kleinen und großen, legalen wird grenzüberschreitenden Aktionen. Um dieser Entwicklung einen Ausdruck zu geben wurde von einer Initiative erstmalig in München zu einer revolutionären 1. Mai Demonstration aufgerufen. Eine überwältigende Zahl von über 1000 Menschen nahmen an der Demonstration teil. Auch wenn die Polizei uns mit einem martialischen Aufgebot von Hunderten Behelmten empfingen, ließ sich die Demo nicht einschüchtern und war durchweg laut und entschlossen. Das Recht ohne Spalier zu laufen wurde eingefordert und erkämpft. Nachdem die Demo mit ein paar pyrotechnischen Effekten untermalt wurde, versuchte die Polizei noch mehr, die Demospitze zu stressen, es kam zu Schlägen und massivem Pfeffersprayeinsatz. Aber der Block stand solidarisch und hat sich gemeinsam gegen die Angriffe geschützt. Danke an dieser Stelle an die Demosanis. Und weiter ging es: Aus den Fenstern des Kafe Marat wurden wir mit Feuerwerk und Bannern begrüßt.
Bei Einkunft am Zenettiplatz hielt eine Vertreter*in der bundesweiten Plattform Perspektive Kommunismus eine Rede, die mit Rauch untermalt wurde. Die Rede unterstrich die Notwendigkeit, sich in der Krise revolutionär zu organisieren. Es ist wichtig, dass wir Aktionsräume eröffnen und Schritte machen um tatsächliche Gegenmacht gegen die kapitalistischen Verhältnisse aufbauen. Dafür war die Demonstration ein wichtiger Schritt, und sicherlich eine gute Grundlage für nächstes Jahr! Am Zenettiplatz gab es im Anschluss eine Kulturkundgebung mit verschiedenen Beiträgen von Initiativen und Musiker*innen, unter anderen die Premiere eines neu gegründeten Arbeiter*innenchors. Außerdem gab es viele Extras wie Workshops, Quiz und Infostände, bei denen sich verschiedene offene Treffen vorstellten.
Nachdem wir wochenlangen auf den 1. Mai hingefiebert haben, verschiedene Form von Flyerverteilungen, Plakatieren und Mobiaktionen ausprobiert haben, und so viele Menschen sich beteiligt in der Vorbereitung haben, sind wir sehr happy, wie toll und kämpferisch dieser Tag war! Der 1. Mai in München war ein Erfolg, und dass er jedes Jahr größer wird, zeigt: eine revolutionäre Perspektive ist nicht nur notwendig, sondern wir können auch konkrete Schritte gehen um sie zu erkämpfen. Lasst uns diese Motivation mitnehmen für die zukünftigen Kämpfe dieses Jahres.
Die dritte Welle der Coronapandemie rollt über Deutschland hinweg. Für die einen von uns heißt das, ohne Job oder mit Kurzarbeiter*innengeld über die Runden kommen zu müssen. Gleichzeitig bedeutet es für die Leute in der Restbelegschaft, die doppelte Arbeit machen zu müssen. Nach über einem Jahr könnte man meinen, die Politik würde zumindest jetzt die richtigen Maßnahmen ergreifen. Mehr Intensivbetten oder vernünftige Betreuungs- und Impfkonzepte? Fehlanzeige! Die Coronapandemie nutzen Politiker*innen stattdessen vor allem, um sich die eigenen Taschen zu füllen. Wir zahlen ein Vielfaches für Masken und Abgeordente lassen sich mit Vermögen von Konzernen bestechen.
Die Angestellten im Gesundheitsbereich, Einzelhandel und der Pflege dagegen haben nichts abbekommen, außer Applaus und Schokolade. Die Lohnerhöhung im öffentlichen Dienst – angeblich auch Corona-Held*innen – deckt kaum die höheren Lebenshaltungskosten ab. Dabei hat es doch schon vorher nicht zum Leben gereicht. Und jetzt legen Arbeitgeberverbände in den Tarifverhandlungen Nullrunden als „Angebot“ vor.
Für diese Zustände machen Politik und Arbeitgeberverbände die Corona-Krise verantwortlich. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich hat sich die Weltwirtschaft von der Krise 2008 nie ganz erholt. Über 10 Jahre lang wurden massenweise Geld und billige Kredite vergeben, um die Konjunktur anzukurbeln. Doch nichts davon ist bei der arbeitenden Bevölkerung angekommen. Die Milliarden flossen an Großkonzerne, deren Besitzer*innen damit an der Börse weiter fröhlich Lotto spielen. Bereits jetzt sind zehntausende Arbeitsplätze „gefährdet“. Gefährdet, weil den Konzernchef*innen klar ist, dass sie in wirtschaftlichen Flautezeiten ihre Arbeiter*innen noch härter ausbeuten müssen, um am internationalen Markt die Konkurrenz ausstechen zu können. Die Folge: Bei BMW will das Managment nach der Streichung von 5000 Stellen im Jahr 2020 auch dieses Jahr wieder Leute rausschmeißen – und das bei Milliardengewinnen.
All das lässt sich nicht mit der Coronakrise begründen. Doch die Pandemie ist eine willkommene Ausrede, um Löhne zu kürzen, die Arbeitsbelastung zu erhöhen und dabei auch noch Steuergeschenke und Kurzarbeiter*innengeld einzustecken.
In den Streiks der letzten Monate und Jahre hat sich gezeigt: Die herrschende Klasse weicht keinen Schritt zurück. Eine Verschiebung der Tarifverhandlungen nach die Pandemie kam ihnen nicht in die Tüte, denn Lockdown und Vereinzelung waren für die Chef*innen nur ein willkommener Grund, um mit unverschämt niedrigen „Angeboten“ noch einmal mehr auf die Arbeiter*innen draufzuschlagen. Die allgemeine Verunsicherung inmitten einer sich ausbreitenden Krankheitswelle und Hoffnung auf die schon längst aufgekündigte Sozialpartnerschaft taten ihr Übriges. Die Gewerkschaftsführungen gingen nicht den Schritt, massenhafte Aktionen und entschlossene Streiks auf die Tagesordnung zu setzen.
Dabei gibt es genug Beispiele, wie wir auf der Straße echte Verbesserungen erkämpfen können. Mit monatelangen Demonstrationen und Streiks legte die Gelbwestenbewegung ganz Frankreich lahm. Die französische Version von Hartz4 und eine Erhöhung des Rentenalters kostete der Regierung fast den Kopf. In Argentinien haben Frauen* eindrucksvoll gezeigt, dass frauen*feindliche Gesetze keine Chance gegen millionenfachen Widerstand haben. Nach einer beispiellosen politischen Kampagne, begleitet von Protesten, wurde Geschichte geschrieben: Das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen wurde gekippt. In den USA wurden mitten im gesundheitspolitischen Totalversagen der Regierung Trump und rassistischen Morden von Polizeibeamten ganze Stadtviertel besetzt. Polizeistationen mussten geräumt werden, halbe Innenstädte übernahmen ihre Verwaltung selbst. Die Menschen kümmerten sich selbst um die Versorgung Schutzsuchender, Sicherheit, Unterstützung der Ärmsten, Bildung und politische Teilhabe für alle.
All diese Erfolge sind nicht über Nacht entstanden. Besonders in München hatten revolutionäre Forderungen am 1. Mai nicht ihren festen, eigenen Platz. Dabei gibt es Gründe genug, dass sich auch hier endlich etwas bewegt. Deswegen heißt es ab auf die Straße. Lasst uns zeigen, dass wir uns nicht mit den Krümeln abfinden, die uns die Bonzen hinwerfen, das wir bereit sind für das zu kämpfen, was uns zusteht – und zu gewinnen!
Deshalb am 1. Mai auf die Straße und die revolutionäre Perspektive sichtbar machen:
10 Uhr Revolutionärer Block auf der Gewerkschaftsdemo, DGB-Haus
13:00 Revolutionäre 1. Mai Demo, Rindermarkt
Und danach: Kundgebung & Kultur ab 15 Uhr auf dem Zenettiplatz (Demo geht dort hin)
Aufruf zur bundesweiten Demo am 20. März in Stuttgart
Der Handlungsraum linker Bewegungen war schon immer eine Frage der Kräfteverhältnisse. Ob es möglich ist, Faschisten aus den Straßen zu jagen, profitgetriebener Umweltzerstörung Sand ins Getriebe zu streuen, oder kapitalistische Gipfeltreffen zu blockieren und in den Schatten der Proteste zu stellen, hängt einerseits von der Qualität des Widerstandes ab. Auf der anderen Seite arbeitet der bürgerliche Staatsapparat systematisch daran, Gegenbewegungen einzuschüchtern, zu isolieren und auseinander zu treiben. Das gilt besonders in Krisenphasen wie heute, in denen es eher Schlagstock und Gesetzesverschärfung sind, die eine Sicherung der Verhältnisse versprechen, als Zugeständnisse und Einbindung größerer Bevölkerungsteile. Um den wachsenden sozialen und politischen Unmut integrativ einzufangen, fehlt den Herrschenden schlicht der wirtschaftliche und politische Spielraum. Repression ist der schmerzhafte aber ehrliche Ersatz, der immerhin die eigentlichen gemeinsamen Interessen der Gegenseite klarer auf den Tisch bringt.
Wenn Aktivist:innen in Stuttgart und in Leipzig in den Knast gesteckt werden, weil sie im Verdacht stehen den Faschisten die Straße streitig zu machen, geht es dem Staat unmittelbar darum, der praktischen Gegenmacht, die sich in antifaschistischer Militanz ausdrückt, etwas entgegen zu setzen. Darüber hinaus beweist er natürlich auch politisches Gespür, wenn er gleichzeitig ein breites Spektrum bewaffneter und organisierter Faschisten nicht einmal annähernd so gründlich verfolgt. Sie sind schließlich nicht diejenigen, die den Eigentumsverhältnissen und den Privilegien der Herrschenden gefährlich werden könnten, wenn die Krise weiter voranschreitet. Im Gegenteil.
Das ist aber nur ein Teil des Bildes. Die andauernde Verfahrensflut gegen Linke wegen den Protesten gegen den G20-Gipfel 2017 in Hamburg, die brutalen Einsätze gegen die Klimabewegung im vergangenen Jahr, bei denen die deutsche Polizei wie eine Privatarmee für Großkonzerne auftrat, aber auch die bundesweite Verfolgung von Revolutionär:innen wegen der Bildung angeblich „krimineller“ oder „terroristischer“ Vereinigungen sind Schlaglichter einer größeren Tendenz: Die Repression des Staates verdichtet sich, wird begleitet von der regelmäßigen Inszenierung einer „neuen Gefahr“ von Links und wird zu einem Angriff, der sich gegen die gesamte Bewegung richtet. Immer weiter in den Hintergrund soll dabei rücken, was antikapitalistische und revolutionäre Politik für die Kapitalistenklasse und ihren Staat in diesen Zeiten so gefährlich macht: Das Potenzial Arbeiter:innen und andere Lohnabhängige in verschiedenen Kampffeldern gegen das herrschende Krisenmanagement in Stellung zu bringen und für ihre gemeinsamen Interessen zu mobilisieren. Interessierte und Unterstützer:innen sollen schon möglichst früh von den drohenden Konsequenzen abgeschreckt werden.
So strategisch wie das Innenministerium, Staatsanwaltschaften oder Polizeibehörden diesen Angriff verfolgen, so strategisch und geeint, sollten wir uns dagegen zur Wehr setzen! Keine Panik, keine Resignation, stattdessen die eigenen Strukturen umsichtig und geschützt aufbauen, beharrlich an den Widersprüchen und am Bruch mit diesem System arbeiten und: Solidarität mit den Betroffenen organisieren!
Im vergangenen Dezember waren wir über 3000, die in Solidarität mit den Betroffenen der G20-Repression in Hamburg gemeinsam auf die Straße gegangen sind. Lasst uns am 20. März in Stuttgart das nächste starke Zeichen einer kämpferischen und geeinten Bewegung gegen die Angriffe des Staates und für eine revolutionäre Perspektive auf die Straße tragen.
Freiheit für Lina und Dy! Organisiert gegen Repression und Klassenjustiz! Kommt zur Demo!
20. März | 14 Uhr | Stuttgart | Hauptbahnhof, Lautenschlagerstraße Anreise aus München – Zugetreffpunkt 9:15 Uhr, Hauptbahnhof große Anzeigetafel Alle Infos auf der Kampagnenseite
Der internationale Frauen*kampftag steht vor der Türe. Trotz und gerade wegen der Krise müssen wir uns als Frauen* organisieren und auf die Straße gehen. Trotz und gerade wegen der Krise, unter deren Last besonders wir Frauen* leiden.
Wir sehen uns auf der Straße! Montag, 8. März – 17:30 Uhr Alter Botanischer Garten
Frauen* in der Krise – Wir widersetzen uns! – Antikapitalistischer Aufruf 2021:
Frauen* kriegen die Krise (ab)
„Ich glaub ich krieg die Krise!“ Dieser Satz spricht wohl vielen Frauen* in diesen Tagen aus der Seele. Die aktuelle Corona-Krise verstärkt Strukturen, beziehungsweise legt diese in ihrem vollen Ausmaß offen, unter denen Frauen* seit Jahrtausenden leiden. Die aktuelle Krise lässt uns deutlich spüren, dass die patriarchalen Strukturen niemals weg waren. Diese Strukturen führen dazu, dass es wieder einmal die Frauen* sind, die die Krise abkriegen. Aber diese Entwicklung zeigt uns auch, dass uns nicht kleine Reförmchen zu einer gleichberechtigten Gesellschaft bringen werden, denn die sind „schwups“ wegrationalisiert. Sondern, dass wir Frauen* für eine grundlegend andere Gesellschaft kämpfen müssen! Ein kurzer, unvollständiger Abriss über den Wahnsinn, dem Frauen* in unserer Gesellschaft ausgesetzt sind und gegen den es sich zu kämpfen lohnt:
Häusliche Gewalt/ Femizide: Alle 45 Minuten wird eine Frau* in Deutschland von ihrem Partner oder Ex-Partner verletzt oder angegriffen. Diese Zahl ist durch Corona und die häusliche Isolierung gestiegen. In 2020 sind mindestens 172 Frauen* in Deutschland Opfer von Femiziden geworden, ein Frauenmord jeden zweiten Tag. Gleichzeitig sind Frauenhäuser und Hilfestrukturen chronisch unterfinanziert und oft werden die Morde als Familiendramen abgetan.
Gender-Rollback: Durch Covid-19 wurde die öffentliche Versorgung, wie Kitas, Schule, Krankenpflege etc., wieder vermehrt ins Private verschoben. Frauen* haben diese Last voll abbekommen – Homeschooling/ Kinderbetreuung/ Pflege, all das wird in der Mehrzahl von Frauen* geschultert. Deutlich wird, dass vorher nur zum Schein mehr Gleichberechtigung da war. Die patriarchalen Strukturen waren nie fundamental anders, nur kaschiert, damit Frauen* nicht völlig am Rad drehen. Viel der Reproduktions- und Carearbeit war nicht gleichberechtigt verteilt, sondern einfach ausgelagert in die öffentliche Versorgung (und wurde dort von Frauen* gemacht). Frauen* erledigen sowie so schon 52% mehr Reproduktionsarbeit als Männer, das hat sich während Corona nochmal verschärft. Soziologin Jutta Allmendinger spricht davon, dass durch den Genderrollback in der Corona-Krise die Frauengleichberechtigung drei (!) Jahrzehnte zurück gesetzt wird und es nicht zu erwarten wäre, dass mit Ende der Pandemie diese Entwicklung wieder aufgehoben wird.
Emotionale Carearbeit und Kleinfamilie: Durch den Druck der Leistungsgesellschaft, Vereinsamung und speziell die Reduktion von sozialen Kontakten während Corona entsteht eine unglaubliche emotionale Bedürftigkeit, die in der Regel Frauen* auffangen. Sowohl für Kinder, als auch für Partnerinnen und Freundinnen sind sie die Zuhörerinnen, Kümmerinnen und Ansprechpartnerinnen, weil sie so sozialisiert sind! Verstärkt wird dies noch durch die ‚Corona-Kontakt-Gesetze‘, die sich nur an der bürgerlichen Kleinfamilie orientieren. Frauen sind der emotionale Kit unserer Gesellschaft (oder besser gesagt die emotionalen Müllschluckerinnen). Das ist schon lange so, in der Krise wird das aber nocheinmal spürbarer. Frauen tragen die Gesellschaft emotional durch die Krise und bezahlen dafür einen hohen Preis: Überforderung, Stress, Burnout, Teilzeitjobs und Altersarmut. Sich immer nur um andere kümmern zahlt eben nicht in die Rentenkasse ein.
Schlechterstellung auf dem Arbeitsmarkt: Auch auf dem Arbeitsmarkt läuft es für Frauen* ziemlich bescheiden. Neben schlechterer Bezahlung (Genderpaygap liegt in Deutschland bei 19% weniger Gehalt als Männer), arbeiten sie überdurchschnittlich oft in prekären Beschäftigungsverhältnissen oder in schlechtergestellten ‚Frauen‘-Berufen. Fun Fact: 75% der allseits als systemrelevant gefeierten Berufe (Einzelhandel/ Nahrungsmittel/ Kindergarten/ Krankenhäuser/ Hort) werden von Frauen* ausgeführt und zeichnen sich zusätzlich dadurch aus, dass sie schlecht bezahlt werden.
Weniger Verdienst und häufige Teilzeitarbeitsverhältnisse (wegen Kindern, Familie oder Pflege) führen dazu, dass Armut und Altersarmut weibliche Phänomene sind. So haben Frauen* in Deutschland im Schnitt 60% weniger Rente als Männer. Diese Stellung auf dem Arbeitsmarkt führt oft, vor allem wenn Kinder mit im Spiel sind, zu einer ökonomischen Abhängigkeit von Männern, die z.B. das Gefangensein in Gewaltbeziehungen bedingen können.
Auch in diesem Bereich haut die Krise nochmal einen drauf: Denn die meisten Gelder in den Konjunktur- und Hilfspaketen kommen männerdominierten Branchen zu gute. Nur 4,25% gehen an Branchen, in denen mehrheitlich Frauen arbeiten (Kulturbereich, Gastro, Bildung, Erziehung, Gesundheit). Auch die Tarifverhandlungen im Herbst im öffentlichen Dienst, in dem überdurchschnittlich viele Frauen* arbeiten, erzählen die gleiche Geschichte, denn sie sind wirklich richtig scheiße gelaufen! In Österreich sind 85% der durch Corona von Arbeitslosigkeit Betroffenen Frauen*.
Gesundheitswesen: Im durchschnittlichen deutschen Krankenhaus arbeiten 75% Frauen* und damit in einem Bereich, der gesellschaftlich zwar unbedingt notwendig ist, aber seit Jahrzehnten unterfinanziert und überlastet ist. Laut ver.di fehlten bereits 2019 80.000 Pflegekräfte und Berufe im Gesundheitswesen bergen das größte Burnout Potential. In der Corona-Krise arbeiten hier also vor allem Frauen* am totalen Limit. Zu wenig Arbeitskräfte, zu wenig Schutzausrüstung, Erhöhung der Arbeitszeit, hohes Ansteckungsrisiko und keine nennenswerte finanzielle Unterstützung oder Ausgleich dafür (Außer man ist so makaber und lässt Klatschen, Blumen oder Plätzchen zählen).
Abtreibung: Abtreibung ist auch im Jahre 2021 ein Wut-Thema der Frauen-Bewegung, weil sich einfach nichts verändert hat! Nicht dass es nicht schon reicht, dass Abtreibung in Deutschland immer noch illegal ist und nur der Strafvollzug unter gewissen Bedingungen ausgesetzt wird; es durch das ‚Werbeverbot‘ für Frauen schwierig ist, überhaupt an objektive Informationen zu kommen und eine Schwangerschaftskonfliktberatung zwingend notwendig ist. Oben drauf kommt noch, dass Abtreibungen durch Corona noch schwieriger geworden sind. Denn es war einer der ersten Bereiche, die als ’nicht-notwendige Eingriffe‘ nicht mehr ausgeführt wurden. So hoch sind Selbstbestimmungsrechte von Frauen* also in unserer Gesellschaft angesiedelt, gleich hinter dem schöhnheitschirugischen Eingriff und der Kieferchirugie!
Wir widersetzen uns!
Frauen* kriegen also diese Krise ab. Aber wenn wir ehrlich sind, kriegen Frauen* seit Jahrhunderten jede Krise ab. Und die grundlegendste dieser Krisen heißt wirtschaftliche Ausbeutung und patriarchale Unterdrückung – Immer und immer wieder werden wir darauf zurück geworfen! Es ist Zeit sich diesem System zu widersetzen und es ein für alle mal abzuschaffen. Wir Frauen* haben jedes Recht wütend zu sein! Sie fragen uns, warum wir uns aufregen? Sie fragen uns, warum wir uns so aufführen? Sie fragen uns, warum wir permanent die Krise kriegen? – Weil das System scheiße ist und weil wir es verdammt nochmal richtig satt haben!
In diesem System werden wir keine Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und Sicherheit erreichen. Wir müssen gemeinsam am internationalen Frauenkampftag auf die Straße gehen und für eine Gesellschaft kämpfen, in der wir Frauen selbstbestimmt und gleichberechtigt leben können. Nehmen wir uns die Frauen* in Lateinamerika, in Polen oder in Rojava als Vorbilder.
Schließt euch uns an. Organisieren wir gemeinsam den Frauen*kampf. Lasst uns für ein anderes System ohne patriarchale Unterdrückung und wirtschaftliche Ausbeutung kämpfen. Am 8. März und 365 Tage im Jahr. Gehen wir gemeinsam auf die Straße!
Denn die Krise steckt im System – Zusammen gegen das Patriarchat.
Das Kriegsgeschäft geht weiter: Es jährt sich mal wieder der Termin zur Sicherheitskonferenz in München, das größte Meet-and-greet der weltweit oberen Kriegstreiber aus Kapital und Militär. Dieses Jahr ist alles etwas anders, denn die Konferenz wurde coronabedingt verschoben. Dieses Wochenende fand nur eine Online-Konferenz, unter anderem mit Joe Biden, Angela Merkel und Boris Johnson statt, bei dem es um „global challenges“ gehen sollte – was das bedeutet können wir uns gut vorstellen: Exportmärkte sichern, Geflüchtetenabwehr und Aufstandsbekämpfung.
Zusammen mit anderen Organisationen aus dem Bündnis gegen die Sicherheitskonferenz nahmen wir den Termin zum Anlass, um Antimilitarismus auf die Straße zu bringen und uns auf die Proteste gegen die wahrscheinlich April oder Mai folgende „richtige“ SiKo“ einzustimmen. Mehrere Hundert Menschen folgten dem Aufruf und zogen lautstark in einer Demo vom Marienplatz zum Bayrischer Hof. Dem Hotel, in dem die Konferenz normalerweise stattfindet, kamen wir so in diesem Jahr so nah wie nie. Der antikapitalistische Block stimmte Parolen gegen den deutschen Imperialismus und Rüstungsindustrie, und in Solidarität mit den Kämpfenden in Rojava an.
Im Anschluss an die Demo gab es noch in unmittelbarer Nachbarschaft des Bayrischen Hofs eine unangemeldete Aktion: in einer Sponti zogen über 50 AktivistInnen zur Filiale der „Airbus-Bank“. Dort wurden satirische Werbeplakate an die Scheiben angebracht und eine kurze Rede über die Profite des Airbus-Konzerns durch Rüstungsexporte gehalten.
Trotz Corona und Lockdown: Krieg, Aufrüstung und Abschottung gehen weiter. Deshalb können auch wir nicht aufhören dagegen zu kämpfen. Für eine Welt ohne Krieg – für den Kommunismus!
Der Staat greift uns an. Getroffen hat es unsere Genossinnen und Genossen des Roten Aufbau Hamburg. Am Montag morgen wurden 28 Wohnungen und linke Räumlichkeiten durchsucht, die die politische Polizei in Hamburg dem Roten Aufbau Hamburg zurechnet. Medienwirksam wurden dabei Türen von SEK-Einheiten aufgebrochen und GenossInnen mit vorgehaltenen Maschinenpistolen aus dem Bett gezogen. Der genaue Umfang des Angriffs, wie auch der konkreten Vorwürfe, ist noch nicht ganz klar. Selbst darüber, ob gegen unsere GenossInnen als Teil einer „kriminellen“ – §129 – oder gar als Teil einer „terroristischen“ Vereinigung – § 129a – ermittelt wird, widersprechen sich die offiziellen Stellen teilweise. Fest steht nur, dass es sich bisher um den größten staatlichen Angriff gegen linke Strukturen seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten, in Deutschland handelt – sieht man einmal von den permanenten Angriffen gegen die kurdische und türkische Linke ab. Fest steht auch, dass dieser Angriff ein Zeichen, eine Warnung an alle verbliebenen revolutionären Strukturen ist: Wer sich gegen den Kapitalismus und seine Auswüchse organisiert, wer sich nicht abfinden will mit der täglichen Ausbeutung und Zerstörung eines krisenhaften Systems und wer selbstbewußt eine sozialistische Perspektive formuliert – der wird mit allen Mitteln der Repressionsorgane verfolgt.
So willkürlich die konkreten Vorwürfe auch sein mögen, dieser Repressionsschlag passt in unsere Zeit: Die kapitalistische Wirtschaft schlittert befeuert von Corona in eine immer tiefere Krise. Beinahe täglich gibt es Meldungen über Betriebsschließungen und Entlassungen. Die Schäden die die herrschende Produktionsweise an unserer Umwelt angerichtet hat, sind unübersehbar. Auch das politische System ist nicht krisenfest – das ist weiten Teilen der herrschenden Klasse und des Staatsapparates bewusst. Die Verschärfungen der Polizeigesetze und neue Befugnisse für die rechten Geheimdienste zielen darauf ab, bei einer Verschärfung der Krise Massenprotesten mit mehr Härte begegnen zu können. Ein zentrales Element solch eines reaktionären Krisenmanagements, ist dabei schon immer gewesen, diejenigen zu bekämpfen, die darauf bestehen, dass das herrschende Chaos aus Krise, Krieg, Patriarchat, Rassismus und Umweltzerstörung nicht alternativlos und auch nicht reformierbar ist. Die versuchen eine andere gesellschaftliche Perspektive – den Sozialismus und schließlich die klassenlose Gesellschaft – aufzuzeigen. Die darauf bestehen, dass es dazu den revolutionären Bruch mit dem Bestehenden braucht und – das ist das Wichtigste – die sich für dieses Ziel organisieren.
Es ist also kein Zufall oder Fehler im System, dass bei KommunistInnen die Türen eingetreten werden, während sich Faschisten innerhalb von Polizei und Armee bewaffnen und Morddrohungen verbreiten. Beides sind nur folgerichtige Reaktionen von Menschen, die wissen, dass ihr auf Ungleichheit und Ausbeutung basierendes System nicht so stabil ist wie sie es ständig selbst verkünden.
Deshalb dürfen Angriffe wie der aktuelle auch nicht zu Panik führen: Repression und ihr Versuch das Streben nach einer solidarischen Gesellschaft zu kriminalisieren, war schon immer und ist auch heute ein ständiger Begleiter revolutionärer Organisationen, die ihren eigenen Anspruch ernst nehmen. Wir müssen die Repression zum Anlass nehmen, einen Umgang mit ihr zu finden und uns und unsere Strukturen besser zu schützen. Denn unsere Organisierungen sind unser einziges Mittel, politische Erfahrungen, gesellschaftliche Perspektiven und das gezielte Handeln in Kämpfen zu verbinden und stetig auf eine neue Stufe zu heben.
Deshalb ist jetzt nicht die Zeit Wunden zu lecken, sondern Zeit für offensive Solidarität: Der Staat zielt mit seinem Angriff auf alle organisierten linken Strukturen und versucht uns einzuschüchtern. Deshalb heißt Solidarität jetzt auch: Selbst aktiv werden, sich organisieren und den Kampf aufnehmen! Solidarität bedeutet den revolutionären Anspruch den die GenossInnen in Hamburg formuliert haben und der jetzt kriminalisiert werden soll, zu verteidigen! Und nicht zuletzt: Solidarität besteht nicht nur aus Worten oder Hashtags – Solidarität muss konkret werden, in gegenseitiger Hilfe und gemeinsamer Praxis!