Den 1. Mai als unseren Kampftag haben wir auch in München auf vielfältige Weise begangen. Bei bestem Wetter ging es morgens los zur traditionellen Gewerkschaftsdemo. Mehrere Hundert Menschen versammelten sich im klassenkämpferischen Bereich, darunter viele Beschäftigte aus dem Sozialen und Gesundheitsbereich, die sich vor einigen Monaten mit antikapitalistischen und klassenkämpferischen Feminist:innen zur Initiative „Carearbeit am Limit“ zusammengeschlossen hatten. Schilder und Transparente thematisierten nicht nur aktuelle Themen wie die drohende Kriegsgefahr, den Sparkurs der Regierung und den Rechtsruck der Gesellschaft, sondern auch die Perspektive einer revolutionären Überwindung des Kapitalismus.
Durch die Kampagne „Gegen Aufrüstung und Waffenlieferungen“ wurde deutlich: viele der Gewerkschafter:innen und Beschäftigten halten entgegen des angeblichen Mainstreams noch immer eine Antikriegs-Haltung hoch. Wie letztes Jahr verteilten Genoss:innen dazu hunderte Flyer und Buttons, die auf der gesamten Demo zu sehen waren. Auf der Abschlusskundgebung wurde diese Haltung nochmal mit einem großen Hochtranspi für eine klassenkämpferische Bewegung gegen den Krieg deutlich gemacht.
Kurze Zeit später ging es weiter zur revolutionären Demo, die inzwischen schon traditionell um 13 Uhr auf dem Rindermarkt startete. Den Auftakt bildete die Rede einer Beschäftigten der Betriebsgruppe Sozialreferat, die von ihren Arbeitsbedingungen und Forderungen sprach, sowie eine Rede der Antifaschistischen Aktion München zur Notwendigkeit gegen den Rechtsruck aktiv zu werden. Bei einer kreativen Aktion wurden außerdem Kapitalist:innen benannt und symbolisch platt gemacht, um auf den Trümmern eine bessere Welt aufzubauen. Zum Abschluss betonte unser Redebeitrag die Notwendigkeit eines revolutionären Bruchs und eines organisierten Aufbaus, um diesen herbeizuführen.
Die Demo startete kurze Zeit später mit ca. 1700 Teilnehmer:innen und einem großen organisierten Frontblock. Dahinter kamen auch Blöcke und Bereiche aus Beschäftigten, ein Palästina-Block, kurdische Genoss:innen und diverse Aktive aus politischen Bewegungen wie der Klima- und der antifaschistischen Bewegung. Dieses Jahr nahmen auch aus anderen Städten aus Bayern angereiste Genoss:innen teil. Kurz hinter dem Isartor gab es eine Aktion am Standort des Springer-Konzerns. Spruchbanner und ein Redebeitrag machten auf die rassistische Spaltung durch Bild, Welt und Co aufmerksam, und auf ihre aktuelle Hetzkampagne gegen Linke, besonders gegen die ehemaligen RAF-Genoss:innen. („Grüße und Kraft in Untergrund & Knast!“) Die Aktion wurde mit Rauch untermalt.
Die Demo führte auch an einem Bürgerbüro der FDP vorbei. Absperrband und aufgeklebte Forderungen markierten hier die liberale Partei als das was sie ist: unsozial und Handlanger des Kapitals.
Als die Demo den Gärtnerplatz erreichte, führten einige Teilnehmer:innen eine Aktion zum Thema Grenzabschottung, Krieg und Waffenlieferungen durch. Dazu umwickelten sie den Brunnen mit Stacheldraht als symbolische Grenze, die mit roten Kreppbändern an die Opfer von Krieg und Flucht erinnerten. Die Demo hielt hier an und führte eine unangemeldete Zwischenkundgebung durch, bei der Rede von „In Aktion gegen Krieg und Militarisierung“ wurde besonders die internationale Solidarität ausgedrückt: mit den Menschen, die von imperialistischen Kriegen aufgerieben und in die Flucht getrieben werden, und mit den kämpfenden internationalen Bewegungen, die sich dagegen stellen. Ein Grußwort des Palästinensischen allgemeinen Gewerkschaftsbundes zum 1. Mai wurde ebenfalls verlesen. Passend dazu wurde der Platz in den Farben der kurdischen Bewegung und der palästinensischen Flagge dekoriert und Pyrotechnik in den entsprechenden Farben gezündet.
Die Demo wurde von Anfang an von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet, das jenes der letzten Jahre nochmal übertraf. Mehrere Reihen USK liefen vor der Demo und am Rand mit. Umso wichtiger, dass der Frontblock der Demo stabil und organisiert aufgestellt war und so einigen Angriffen standhalten konnte, um auch selbstbestimmte Aktionen wie Pyrotechnik verteidigen zu können. Die Polizei war auch an anderer Stelle unrühmlich beteiligt: als einige sogenannte Antideutsche am Rand der Demo gegen die Solidarität mit Palästina provozierten, wollte die Einsatzleitung um jeden Preis durchsetzen, diese bei der Demo als „opponierenden Teil“ mitlaufen zu lassen. Einige Teilnehmer:innen und Ordner:innen unserer Demo stellten sich entschieden dagegen und wurden in dem Zuge festgenommen. Die Demo, die inzwischen weitergelaufen war konnte aber dadurch dass sie eine Kreuzung blockierte, schnell die Freilassung der Genoss:innen bewirken.
Angekommen an der Glockenbachwerkstatt ging es weiter mit dem Revolutionären 1. Mai Fest „All Power to the people“. In den Zeiten vor Corona wurde dieses Fest viele Jahre in der Glockenbachwerkstatt gefeiert und ist dieses Jahr endlich zurückgekehrt. Mehrere Hundert Menschen besuchten das Fest mit Live-Musik, Infoständen, verschiedenen Foto- und politischen Ausstellungen, einem Quiz, Kaffee und Kuchen, VoKü und Kinderprogramm. Glücklicherweise schien die Sonne auch noch am späten Nachmittag, denn die „Glocke“ platze aus allen Nähten. Als die Nachrichten von der Repression gegen den revolutionäre 1. Mai in Stuttgart eintrafen, schlossen sich viele spontan zusammen um ein Soli-Video aufzunehmen.
Insgesamt wurde in diesem Jahr besonders viel Wert darauf gelegt, die vielen Menschen, die zu den revolutionären Aktivitäten am 1. Mai auf der Straße sind, auch mit Inhalten und Aktionen zu erreichen. Dazu gehörte ein eigener kleiner Lauti auf der Gewerkschaftsdemo. Die Aktionen auf der revolutionären Demo wurden durch Moderationsbeiträge und Flyer in der gesamten Demo vermittelt. Auch am Rande der Demo konnten viele Menschen mit 1. Mai-Zeitungen erreicht werden. Und auf dem Fest führte eine politische Moderation durch das Programm und Plakate informierten über die Möglichkeiten das Jahr über aktiv zu werden.
In der aktuellen Phase, wo Rechtsruck und Militarisierung unsere Gesellschaft prägen, ist es umso wichtiger, revolutionäre Politik auf die Straße zu bringen. Und zwar nicht nur als Gegenwehr gegen die Angriffe auf unsere Klasse, sondern als aktive Perspektive für eine sozialistische Gesellschaft. Dafür steht der 1. Mai! Wir freuen uns, dass wieder so viele auf der Straße waren und nehmen diese Motivation mit für den Rest des Jahres!