Die Türkei führt aktuell einen militärischen Angriff mit verbündeten islamistischen Milizen auf das Projekt Rojava (Westkurdistan), die demokratische, multiethnische und feministische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien. Dagegen leisten Kämpfer_innen der Syrischen Demokratischen Kräfte/SDF, der Volksverteidigungskräfte/YPG und der Frauenverteidigungskräfte/YPJ einen heldenhaften Widerstand, um die Revolution in Rojava zu verteidigen. Doch ohne die Zustimmung der Militärallianz NATO und ohne die wirtschaftliche und militärische Unterstützung durch NATO-Staaten wie Deutschland könnte die Türkei heute keinen Krieg in Kurdistan führen. Die verbrecherische Kriegspolitik der Türkei ist Bestandteil der NATO-Strategie und ihrer Interventionen im sogenannten Nahen und Mittleren Osten.
Duran Kalkan, Mitglied im Leitungskomitee der Arbeiterpartei Kurdistans PKK brachte das auf den Punkt: „Nicht der türkische Staat oder die türkische Armee kämpfen seit 35 Jahren gegen die PKK und die Guerilla Kurdistans. Die NATO führt diesen Krieg. Die Guerilla leistet dementsprechend seit 35 Jahren Widerstand gegen die NATO. Sie führt einen Krieg gegen die NATO.“
Der Widerstand gegen die antikurdische Vernichtungspolitik der Türkei muss sich auch gegen die Regierungen der NATO-Staaten richten. Auch Deutschlands Ressourcen werden von wechselnden Regierungen und der Staatsbürokratie für die menschenverachtende, zerstörerische NATO-Politik eingesetzt. Im Namen des deutschen Staates und der Profite deutscher Unternehmen werden in Kurdistan Krieg, Vertreibung und Völkermord begangen.
Der sogenannte Flüchtlingsdeal zwischen der EU und der Türkei, der dem Erdogan-Regime sechs Milliarden Euro zusicherte, wurde maßgeblich von der deutschen Regierung ausgearbeitet. Mit dem Flüchtlingsdeal legitimiert der deutsche Staat die Unterstützung der Türkei. Rassistische Stimmung gegen Flüchtlinge wird genutzt, Ängste werden geschürt, um die Proteste gegen deutsche Beteiligung an türkischen Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen zu unterdrücken. Dabei gibt es breite gesellschaftliche Kritik an der Haltung der deutschen Regierung. Doch dieser Protest hat keine praktischen Folgen. Wenn Großdemos oder Presseerklärungen also nicht verhindern, dass deutsche Waffen in die Türkei geliefert werden oder über 7.000 deutsche Unternehmen in der Türkei Geschäfte machen – was dann? Dann ist es notwendig, in Deutschland praktisch Waffenproduktion bzw. -exporte und wirtschaftliche Kooperation mit der Türkei zu behindern. Wir müssen uns bewusst werden, dass wir es sind, die Fabriken schließen und Transportwege blockieren können. Jeder Mensch, jede gesellschaftliche Gruppe weiß am besten, wozu sie bereit sind und welche Aktionen im eigenen Kontext am meisten Sinn machen. Notwendiger als bisher sind: Kreativität, die Bereitschaft persönliche Opfer in Kauf zu nehmen und gesellschaftliche Relevanz. Die Herrschenden in Politik und Wirtschaft Deutschlands, der Türkei und der gesamten NATO können nur solange ihre Kriegspolitik aufrechterhalten, solange wir unsere eigene Kraft nicht erkennen.
Referent: Ali Cicek, Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit