Die Europäische Union präsentiert sich als Retterin von Demokratie, Freiheit und Menschenrechten. Dabei geht es ihr eigentlich nur um eines: die Durchsetzung der Interessen von Banken und Großkonzernen.
Was hat die Europäische Union uns gebracht? “Demokratie, Menschenrechte, Solidarität!”, sagen Politik und Medien. Aber die Fakten sagen: Privatisierungen, Armut und eine mörderische Grenzpolitik.
Wir müssten, so heißt es nun immer, die EU gegen die Angriffe der Nationalisten schützen. Aber das ist falsch. Wir müssen uns selbst schützen: gegen den Rechtsruck – und gegen die Politik der Europäischen Union. Denn die Europäische Union ist kein Friedensprojekt und steht auch nicht für Solidarität oder Menschenrechte – sie ist eine Institution zur Durchsetzung der Interessen des Großkapitals. Und ein Werkzeug, das gebaut wurde, um eine ausbeuterische und neoliberale Politik durchzusetzen, kann im Kampf gegen Rechts kein Verbündeter sein.
Seit den 80er-Jahren sind in Europa große Teile der öffentlichen Daseinsvorsorge privatisiert worden. Bahn, Post, Energieversorger und öffentlich-rechtliche Banken wurden auf den freien Markt geworfen. Die Grundlage dafür war eine Richtlinie der Europäischen Kommission. Weil die Kommission nämlich fand, dass Verkehrsbetriebe und Energiekonzerne in öffentlicher Hand den “Wettbewerb” auf ihrem neugewonnen freien Binnenmarkt einschränken würden und deswegen ihre Privatisierung durchgesetzt hat. Dieser Prozess läuft bis heute.
2017 hat die Europäische Kommission beispielsweise Kroatien verklagt, weil das Land in seinen Gesetzen über die Privatisierung des Energiekonzerns INA die Möglichkeit offen gelassen hatte, gegen bestimmte Großinvestoren ein Veto einzulegen und Beschlüsse der Konzernleitung zu blockieren. In Zeiten der Klimakrise war das der Europäischen Kommission schon zu viel Einfluss auf einen Energieversorger. Die offizielle Begründung für die Klage in der Pressemittelung der EU-Kommission lautet: “Der Umstand, dass der kroatische Staat die Genehmigung wichtiger, im unternehmerischen Interesse liegender Entscheidungen versagen kann, kann den Aktienwert des Unternehmens beeinträchtigen und INA für Anleger weniger attraktiv machen”.
Es ist ein Beispiel von hunderten.
Die Privatisierung dieser Konzerne war ein Geschenk an die Spekulanten und großen Konzerne. In den Ländern der südlichen Peripherie sind die frisch privatisierten Unternehmen sogleich aufgekauft worden – allen voran von deutschen oder französischen Großkonzernen. Der “freie Kapital- und Warenverkehr” hat es den größten Konzernen Europas ermöglicht, ihre Konkurrenten günstig und unkompliziert zu schlucken. Seither ist die Produktion in vielen Ländern der EU nahezu vollständig in den Händen ausländischer – sehr oft: deutscher – Konzerne. Was nicht aufgekauft wurde, wurde niederkonkurriert und ist zugrunde gegangen.
Für das deutsche Kapital ist der “freie Waren- und Kapitalverkehr” aber noch aus einem anderen Grund erfreulich: denn wo es keine Zölle gibt und eine einheitliche Währung gibt, da können die großen Konzerne alle Länder mit geringerer Produktivität niederkonkurrieren. So wie Deutschland, das seine europäischen Nachbarn seit Jahren mit Exporten überschwemmt. Wenn die deutschen Medien über “Schuldenstaaten” wie Griechenland und Spanien sprechen, dann verschweigen sie dabei, woher diese Schulden kommen: nämlich zu nicht geringen Teilen aus Deutschland. Deutsche Großkonzerne haben diese Staaten als Absatzmärkte genutzt. Und um die deutschen Exporte bezahlen zu können, haben die Staaten – und ihre Bevölkerung – sich immer mehr verschuldet. Vor allem bei deutschen und französischen Banken.
Zum Beispiel in Griechenland: nicht einmal fünf Prozent von dem Geld, das in dem angeblichen großen “Rettungspaket” nach Griechenland gegangen ist, ist in den griechischen Haushalt geflossen. Der Rest ging an Großkonzerne und Banken. Und zwar vor allem an französische und deutsche. Die angebliche Rettungsaktion für Griechenland war nichts anderes als ein gigantisches Rettungsprogramm für europäische Banken – auf Kosten der griechischen Bevölkerung.
All das wird auf dem Rücken der lohnabhängigen Bevölkerung ausgetragen. Und dazu kommt noch: seit 2012 kann die EU-Kommission eine “präventive Budgetkontrolle” über die EU-Länder ausüben. Das heißt: wenn sie der Meinung ist, dass verschuldete Mitgliedsländer zu viel Geld für Soziales ausgeben wollen, kann sie ihnen das verbieten. Und tut es auch. Zuletzt in Italien, wo die EU-Kommission der Regierung im von den Medien so genannten “Haushaltsstreit” verboten hat, mehr Geld für die Grundsicherung und höhere Renten auszugeben. Und zwar unter der Androhung von Milliardenstrafen. Italien und die Kommission haben sich übrigens am Ende geeinigt – darauf, dass Italien seine Mehrausgaben mit Privatisierungen finanziert.
Dass die Europäische Union kein Verein für ein solidarisches Miteinander ist, sondern ein Mittel für ihre effizientere Ausbeutung, fällt den Menschen in diesen Ländern natürlich auf. Und wenn dann die Rechten sich als “die Einzigen, die der EU Widerstand leisten können” präsentieren können, bringt ihnen das Zulauf. Und das, obwohl das Konzept der Europäischen Union – die Reichtumsverteilung von unten nach oben, die rassistische Abschottungspolitik an den europäischen Grenzen und die effiziente Ausbeutung der arbeitenden Menschen – eigentlich sehr gut zu den Plänen der rassistischen und nationalistischen Parteien wie beispielsweise der ungarischen Fidesz passt. Das Problem dieser Parteien mit der EU ist nur, dass die Ausbeutung vom falschen Land angeführt wird.
Die Antwort auf das Erstarken der rechten Parteien in Europa kann deswegen nicht “europäisch” im Sinne der EU sein – sie muss internationalistisch sein. Linker Internationalismus bedeutet, zu erkennen, dass die arbeitenden Menschen eigentlich die gleichen Interessen haben – egal, in welchem Land sie leben. Ganz egal, ob Italienerin, Deutscher oder Kroatin: alle Lohnabhängigen in Europa haben ein Interesse daran, den Kapitalisten und Investoren die großen Konzerne wieder zu entreißen. Sie alle haben ein Interesse daran, miteinander zu arbeiten statt gegeneinander und sie alle haben ein Interesse an einer guten öffentlichen Krankenversorgung und nachhaltigen Energieerzeugung. Wenn wir dieses Interesse verwirklichen wollen, dann müssen wir es gemeinsam tun – und müssen wir uns gemeinsam wehren. Schließen wir uns zusammen: Gegen die Ideologie der Reaktionäre – und gegen die Ausbeutungspolitik der EU.
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