Unsere Wahl: Klassenkampf, Revolution, Sozialismus


Die Bundestagswahl rückt näher – hier nochmal ein Artikel dazu aus unserer 1.-Mai Zeitung. Und auch schick: neue Aufkleber zum Wahlplakate verschönern…
Unsere Wahl: Klassenkampf, Revolution, Sozialismus
2017 wird ein Jahr der Entscheidung. Die Bundestagswahl am 24. September wird ein Gradmesser dafür sein, in welche Richtung sich die gesellschaftlichen Verhältnisse weiterentwickeln. Für alle die sich nicht mit dem Rechtsruck, mit kapitalistischer Ausbeutung und Kriegspolitik abfinden wollen, kommt es deshalb darauf an, mit allen verfügbaren Kräften in die Offensive zu gehen – Für eine Gesellschaft jenseits des Kapitalismus!
Es heißt immer wieder, Deutschland sei „gestärkt“ aus der Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008 hervorgegangen. Das stimmt zwar für die Chefetagen der großen Unternehmen, die Banken und ihre Aktionäre – sprich für die herrschende Klasse. Doch der größte Teil der Bevölkerung profitiert davon nicht. Auch hier verschärft sich der Klassenkampf von oben. Der Angriff auf das Streikrecht durch das „Tarifeinheitsgesetz“, die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse sowie der Ausbau von Werkverträgen setzen die lohnabhängige Bevölkerung unter Druck und sorgen für immer mehr prekäre Beschäftigung. Bei den Tafeln stehen so viele Bedürftige um Lebensmittelspenden an wie nie zuvor. Laut dem Statistischen Bundesamt sind inzwischen schon 15,7 Prozent der Menschen in Deutschland von Armut gefährdet – das ist der höchste Stand seit über 25 Jahren!
Jede Krise der herrschenden Ordnung eröffnet zumindest prinzipiell die Möglichkeit, diese Ordnung zu überwinden: Durch Revolution. Und in der Tat gibt es eine stärkere Politisierung. Nach jahrelangem Abwärtstrend steigt plötzlich die Wahlbeteiligung in Deutschland und anderen kapitalistischen Ländern. So lag die Wahlbeteiligung im Saarland bei 69,7% (dem höchsten Wert seit 1994), in Baden-Württemberg ist sie 2006 zu 2016 von 53,4%, auf 70,4% angestiegen, in Sachsen-Anhalt von 44,4% auf 61,1%. Relevante Teile der Gesellschaft geben ihre Resignation auf und kommen in Bewegung – allerdings in der Mehrzahl nicht in Richtung sozialen Fortschritts.
Rechte kanalisieren das Protestpotential

Stattdessen profitieren von dieser Situation aktuell die Rechten. Sogar das Projekt der „Europäischen Union“ droht scheinbar daran zu zerbrechen – wer hätte das vor einem Jahr für möglich gehalten? Eine knappe Mehrheit stimmte im Juni 2016 überraschend für den Austritt Großbritanniens aus der EU. Vor allem weil es gelang, Abstiegsängste auf EinwanderInnen als Sündenböcke abzulenken. Dabei ist natürlich nichts falsch an der Ablehnung des imperialistischen Projekts EU. Aber es waren die rechten, rassistischen Kräfte, die die Kampagne geprägt haben.
Donald Trump in den USA, Geert Wilders in den Niederlanden, Marine Le Pen in Frankreich. Überall erstarken Rechte, die sich „revolutionär“ geben, aber die herrschenden Ausbeutungsverhältnisse nicht nur unangetastet lassen wollen, sondern diese weiter verschärfen. So hat Donald Trump – beraten unter anderem von Steve Mnuchin und Gary Cohn, beide vorher bei Goldman Sachs – angekündigt, den Finanzmarkt stärker zu deregulieren. Mehr Profite also für die Finanzmärkte und bei der nächsten Krise springt wieder der Staat ein und wälzt die Kosten auf die Bevölkerung ab.
Die Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist ernsthaft von Abwahl gefährdet. Durch eine rassistische Massenbewegung, die teils zum „Sturz des Systems“ aufruft. Nachdem Merkel jahrelang mit einer neoliberalen, technokratischen und autoritär verwaltenden Politik rekordverdächtige Zustimmungswerte erreicht hatte. Bisher gelang es, alle für den Profit der Kapitalbesitzenden notwendigen Einschnitte bei Löhnen und Sozialleistungen für die deutsche Bevölkerung in einem solchen Maß zu dosieren, dass sich kein Protest formierte. Den Preis dafür zahlt die ArbeiterInnenklasse, hier in Deutschland, im verschuldeten Südeuropa und entlang der Warenproduktionsketten und Transportwege aus den Entwicklungsländern.
Seit 2015 fliehen immer mehr Menschen vor Kriegen, Elend und Diskriminierung ins vermeintlich sichere Europa. Auch Deutschland verursacht Flucht bspw. Durch die Beteiligung am Afghanistan-Krieg. In Syrien wechselte die deutsche Regierung zwischen der Unterstützung von bewaffneten Rebellen und dem kalkulierten „Ausblutenlassen“. Die Ankunft der Geflüchteten in Deutschland nutzten seitdem alle rechten und rassistischen Kräfte zur Mobilisierung. Ihre gesellschaftliche Basis finden sie vor allem bei kleinbürgerlichen Schichten, aber auch bei ArbeiterInnen, die bereits abgehängt oder von sozialem Abstieg bedroht sind. Bei vielen greift die Angstmache, Geflüchtete seien eine weitere Konkurrenz um Jobs, Lebensstandards, Sozialleistungen und Kita-Plätze. Der rassistisch motivierte Terror wütet bereits. Nach offiziellen Angaben gab es 2016 schon mehr als 2.500 Angriffe auf Flüchtlinge und fast 1.000 Anschläge auf ihre Unterkünfte.
Die Regierung – von der AfD getrieben
Die AfD als politischer Arm der rassistischen Bewegung zog mit neoliberalen, konservativen bis offen faschistischen Positionen schon in elf Landesparlamente ein. Demnächst wählen Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Nach derzeitigen Umfragen schafft es die AfD auch in den Bundestag. Deshalb versuchen die regierenden Parteien CDU/CSU und SPD mit immer schärferer Abschottungspolitik verlorene WählerInnen zurückzugewinnen und übernehmen die AfD-Forderungen. So hat Angela Merkel Massenabschiebungen von Flüchtlingen, auch in Kriegsgebiete wie Afghanistan, zur „nationalen Kraftanstrengung“ erklärt. Die CSU bekämpft den „politischen Islam“ als ihr Hauptfeindbild. Die Regierenden und die rechte Opposition treiben die Spirale der rassistischen Ausgrenzung und Verfolgung immer weiter!
Wenn Wahlen etwas ändern würden, dann wären sie verboten!
Was heißt das für uns? Grundsätzlich ist für uns – wenn wir nicht nur einzelne Symptome des Kapitalismus kritisieren wollen, sondern das ganze System abschaffen wollen – nicht die Zusammensetzung des bürgerlichen Parlaments die Hauptfrage. Vielmehr geht es um die revolutionäre Organisierung der lohnabhängigen Klasse. Die Wahl des Parlaments ist immer Teil des kapitalistischen Systems und kein Instrument zur revolutionären Veränderung. Die regierenden Parteien bedienen das Interesse der herrschenden, kapitalbesitzenden Klasse und rechtfertigen diese Politik mit der angeblich notwendigen „Wettbewerbsfähigkeit“. Sogar im Entwurf des neuen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung belegten WissenschaftlerInnen: Der Bundestag beschließt Gesetze häufiger im Sinne der Besserverdienenden, selten nach dem Willen der Geringverdienenden. Das ist kein Zufall und hat auch nichts damit zu tun, ob gerade die CDU oder die SPD die stärkste Fraktion stellt. Es ist schlicht die Aufgabe eines kapitalistischen Staates, die Interessen der Reichen umzusetzen und allen anderen nur insoweit entgegen zu kommen, dass es möglichst zu keinen sozialen Unruhen und Aufständen kommt.
Für uns ist es aber nicht unwichtig, welche Kräfte wie stark im Bundestag vertreten sind, weil das zum einen ein Ergebnis der Kräfteverhältnisse in der Gesellschaft ist und diese zum anderen auch wieder beeinflusst. Es macht also einen Unterschied, ob die Linkspartei als Oppositionsführerin im Bundestag die kapitalistische Ordnung – wenn auch reformistisch – kritisiert, oder ob die AfD an ihrer Stelle Hass gegen Geflüchtete und MuslimInnen schürt. Denn die Argumentationen der parlamentarisch etablierten Parteien bekommen in den Massenmedien besondere Aufmerksamkeit und werden zur Orientierung für die Gesellschaft. Auch das bürgerliche Parlament ist ein Kampffeld, das für die außerparlamentarische Linke relevant ist.
Wahlboykott? – Ändert auch nichts…
Ein Aufruf zum Wahlboykott – wenn er überhaupt eine Auswirkung hat – „delegitimiert“ das System in der jetzigen Situation überhaupt nicht, sondern schwächt nur die parlamentarische Linke und stärkt die rechten und rassistischen Kräfte noch weiter stärken. Wie repressiv eine Regierungspolitik ist, wie gut unsere Kampfbedingungen für revolutionäre Veränderung sind, wie sehr eine Regierung Lohnabhängige gegeneinander ausspielt, all das hängt auch davon ab, welche Mehrheitsverhältnisse im Parlament herrschen.
Im Wahlkampf und danach: Den rechten Hetzern entgegentreten Der größte Rechtsruck droht nach einem Einzug der AfD in den Bundestag am 24. September. Um das möglichst zu verhindern, muss die AfD als stärkste und politisch gefährlichste Kraft des offen rechten Lagers im Wahlkampf angegriffen und geschwächt werden. Öffentliche Veranstaltungen, Wahlkampfmaterial, Infrastruktur und Repräsentanten der Partei können Ansatzpunkte für antifaschistische Intervention und das Zurückdrängen der AfD sein.
Und zur Politik der Regierenden nicht schweigen!
Die Bilanz von CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP ist ebenfalls düster: Sie sind das etablierte Verwaltungspersonal der Ausbeutungsverhältnisse und verantwortlich für Sozialabbau und Kriegspolitik. Egal, ob sie sich als Kraft der Vernunft oder der Gerechtigkeit für „die kleinen Leute“ inszenieren: ihre Wahlpropaganda darf nicht unwidersprochen bleiben und muss zu unserem Angriffsziel werden.
Seit dem Antritt von Martin Schulz als Kanzlerkandidat steigen die Umfragewerte der SPD steil an. Schulz verbreitet die Illusion, er wolle die Sozialabbau-Agenda 2010 der SPD revidieren und „Gerechtigkeit“ für die „hart arbeitenden Menschen“ schaffen. Das ist zwar nur Wahlkampfpropaganda, aber sie mobilisiert offensichtlich ebenfalls erfolgreich die Bedürfnisse der Menschen, welche die neoliberale Politik in Abseits gedrängt hat.
Schulz ist eine Reaktion darauf, dass es immer noch viele Menschen gibt, für die die etablierten PolitikerInnen der SPD nach Agenda 2010 und Jahren von Großer Koalition nicht mehr glaubwürdig für irgendeine soziale Agenda stehen – die auf der anderen Seite aber nicht bereit sind, mit der SPD zu brechen und sich weiter nach links zu orientieren.
Solidarisch mit allen linken Kräften?
Andererseits kann es keine simple Wahlempfehlung für die Partei „Die Linke“ geben. Sahra Wagenknecht versucht AfD-WählerInnen mit kruden Positionen zu Flüchtlingen abzuwerben. Auch könnte die Linkspartei zentrale Positionen gegen Kriegspolitik, Sozialabbau und Abschiebungen aufgeben, um mit SPD und Grünen als Rot-Rot-Grün zu regieren, wie es der rechtere Parteiflügel schon vorbereitet. Den konsequent antikapitalistischen Teilen der Linkspartei hingegen gilt unsere Solidarität.
Ob sich der Wunsch nach einer solidarischen Gesellschaft nun auf dem Wahlzettel in einem Kreuz bei der Linkspartei, der DKP oder einer anderen linken Partei ausdrückt, ist nicht so wichtig, wir sollten all diese Stimmen als Motivation für einen gemeinsamen Kampf sehen.
Gewinnen können wir nur in der Offensive!
Dennoch: Für eine demokratische und solidarische Gesellschaftsordnung müssen wir den Kapitalismus revolutionär überwinden und damit auch seinen bürgerlichen Staat abschaffen. Die herrschende Klasse wird ihre Macht mit allen Mitteln verteidigen, selbst gegen eine demokratisch gewählte Regierungsmehrheit. Die Geschichte der SPD und der Grünen zeigt: Mitregieren endet bei der Verwaltung der kapitalistischen Ausbeutungsverhältnisse.
Wer ein menschenwürdiges System will, wer Ausbeutung, Krieg und Rassismus tatsächlich die Grundlage entziehen will – muss kämpfen und sich organisieren.Ändern wird sich erst etwas, wenn wir uns für unsere Interessen organisieren. Im Betrieb, in der Schule, in Gewerkschaften, in antifaschistischen und antimilitaristischen Initiativen und nicht zuletzt in antikapitalistischen, revolutionären Organisationen. Mit der Perspektive einer solidarischen und klassenlosen Gesellschaft müssen wir gemeinsam eine organisierte Gegenmacht, gegen die Macht der Herrschenden und ihre Welt des Profits aufbauen.
Wir werden uns weiter organisieren, um für eine sozialistische gesellschaftliche Alternative zu kämpfen und das bestehende System zu stürzen – egal, wer nach der Wahl die nächste bürgerliche Regierung bildet!