Krieg. Kapitalismus. Und was wir dagegen tun müssen.
Eine Auswertung der Proteste gegen die Sicherheitskonferenz.
„Wir müssen Druck aufbauen, die PolitikerInnen zum Frieden zwingen“, meint jemand auf dem Bündnistreffen. „Nein“, entgegnen wir, „im Kapitalismus wird es nie dauerhaften Frieden geben, deshalb müssen wir ihn revolutionär überwinden“. Auf dem Münchner Bündnis gegen die Sicherheitskonferenz geht es oft kontrovers zu.
Wir sind KommunistInnen mit revolutionärem Anspruch und organisieren uns seit Jahren gemeinsam auch mit reformistischen und pazifistischen Kräften im Münchner Bündnis gegen die Sicherheitskonferenz. Warum das? Kampf für den Frieden, das bedeutet für uns auch immer Kampf gegen den Kapitalismus. Dahin kommen wir nur mit einer breiten Bewegung und einer klaren Analyse. Diese beiden Punkte sollten wir nie gegeneinander diskutieren.
I. Uns bilden, Bewusstsein bilden
Was machen eigentlich Revolutionäre in nicht-revolutionären Zeiten? Das ist das Dilemma, vor dem wir tagtäglich stehen. 100 Jahre nach der Oktoberrevolution fühlt es sich in Deutschland so gar nicht nach Revolution an.
Im Gegenteil erleben wir: Die kapitalistische Krise verschärft sich weltweit. Relevante Teile der Gesellschaft geben ihre Resignation auf und kommen in Bewegung – allerdings in der Mehrzahl nicht in Richtung von sozialem Fortschritt. Stattdessen profitieren von dieser Situation aktuell die Rechten. In Deutschland in Form einer rassistischen Massenbewegung.
Dabei sind die Zustände, die millionenfach Armut, Krieg und Flucht hervorbringen, für uns so unerträglich, dass wir sie nicht nur verändern, sondern zerschlagen wollen. Nichts weniger als die Unterdrückung von Menschen durch Menschen zu beenden ist unser Ziel. Ob wir das schaffen hängt aber weniger davon ab, wie sehr wir das wollen, sondern davon, ob die gesellschaftlichen Bedingungen das hergeben.
Hier stehen wir nun zwischen Anpassung an das System und radikalistischer Abgrenzung. Zwischen der Karriereplanung bei Rot-Rot-Grün und dem Absturz im autonomen Zentrum. Um bei all den großen Aufgaben weder das eine noch das andere zu tun, machen wir uns doch kurz klar, was die nächsten Schritte einer Bewegung seien können.
Wie müssen wir aufgestellt sein, wenn sich die Zustände zuspitzen, wenn die Widersprüche in der Gesellschaft für immer mehr Menschen unerträglich werden, wenn es kracht?
Wir brauchen ein möglichst breites Verständnis dafür, dass es die Zustände sind, die das Leben so unerträglich machen und nicht der Kollege oder die Kollegin nebenan.
Eins nach dem anderen. Was für ein Bewusstsein brauchen wir? Das Bewusstsein der ArbeiterInnenklasse, dass sie ein Interesse und die Möglichkeit hat, die Verhältnisse umzuwerfen. Nicht nur zu ihrem eigenen Wohl, sondern zum Wohl aller. Klassenbewusstsein.
Auf einer Friedensdemonstration? Ja. Imperialistischer Krieg heißt: ArbeiterInnen, die andere ArbeiterInnen zum Nutzen kapitalistischer Ausbeutung ermorden. Bei fast allen Kriegen heutzutage geht es nicht um Befreiung und schon gar nicht um Menschenrechte, sondern darum, welches Kapital Zugriff auch welche Märkte, Rohstoffe und Handelswege bekommt. Daran haben all die, die im Krieg zu Mördern, Opfern oder beidem werden, überhaupt kein Interesse.
Klassenverhältnisse prägen diese Gesellschaft, aber deshalb Klassenkampf nur beim Streik im Betrieb zu suchen, wäre verkehrt1. In jeden wichtigen gesellschaftlichen Kampf müssen wir mit einer klassenkämpferischen Position intervenieren.
Die radikale Linke streitet um den Charakter der Sicherheitskonferenz und den richtigen Kampf dagegen. Es gab Aufrufe des Antikapitalistischen Blocks2 und des Jugendblocks3, im Vorfeld einen Diskussionbeitrag von ka-os München4 und im Nachgang einen von Oskar Huber bei Klasse gegen Klasse5. Wir wollen uns mit einigen der Positionen auseinandersetzen.
II. Kampf dem imperialistischen Krieg – Kampf dem imperialistischen Frieden
Zuerst einmal gibt es innerhalb wie außerhalb des Münchner Bündnisses gegen die Sicherheitskonferenz Kräfte, die den Protesten ihre Spitze abbrechen wollen. Die statt kämpferischer Opposition gegen Kapitalismus und Krieg eine Beratung der Herrschenden anstreben.
Ein Beispiel dafür ist die Internationale Münchner Friedenskonferenz. Diese formuliert „Erwartungen“ an die Bundesregierung. Sie sieht es als ihr Ziel, „Denkprozesse anzustoßen, die eine Kultur des Friedens beflügeln“6. Die Friedenskonferenz und ihr nahestehende Gruppen beschränken sich auf den Kampf gegen die Kriegsgefahr und übersehen den Kapitalismus.
„Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“. Wenn man diesem Zitat des preußischen Generals von Clausewitz zustimmt, dann müssen wir mehr tun, als uns mit der Frage Krieg oder kein Krieg zu beschäftigen. Wir müssen uns mit dem Inhalt der Politik beschäftigen, deren Fortsetzung der Krieg ist.
Wenn unsere kurdischen FreundInnen in Rojava Krieg führen gegen den IS, dann ist das die Fortsetzung einer Befreiungspolitik. Es ist die Fortsetzung der Politik der Befreiung der KurdInnen, der Frauen, der ethnischen Minderheiten in diesen Regionen. Da wir diese Politik richtig finden, finden wir natürlich auch den Krieg der kurdischen FreundInnen gegen den IS richtig.
Wie verhält es sich dann aber mit der deutschen Politik? Verbreitet Deutschland Frieden in der Welt? Kämpft Deutschland für Menschenrechte und setzt dabei nur auf die falschen Mittel? Oder baut es ein globales Ausbeutungssystem weiter aus?
Nehmen wir zum Beispiel die sog. „Europäische Nachbarschaftspolitik“ (ENP). Seit 2004 verfolgt die EU, maßgeblich geprägt von Deutschland, die Taktik, mit Nachbarländern, die keine Beitrittsperspektive für die EU haben, Assoziierungsabkommen im Rahmen der ENP zu schließen. Offizielles Ziel ist „die Schaffung eines Raums von Stabilität, Sicherheit und Wohlstand.“ Inhalt der Assoziierungsabkommen ist aber ein anderer. Diese sollen die Märkte öffnen für Europäische Waren und Kapital. Zölle müssen abgebaut werden, staatliche Subventionen zurückgefahren. Auch auf Syrien wurde bereits ab 2004 massiv Druck zu neoliberalen Reformen aufgebaut.
Oder nehmen wir den Kapitalexport. 2016 war Deutschland wieder Exportweltmeister. Deutschland exportiert Waren und investiert gleichzeitig Kapital in Form von Krediten, damit sich die importierenden Länder das überhaupt leisten können. Dadurch werden ganze Industriezweige von der deutschen Konkurrenz vernichtet. Statt das Geld hier in Infrastruktur, Bildung oder Technologieentwicklung zu investieren, werden damit schnelle Profit auf ausländischen Märkten gesucht. Profitieren tun davon weder die Menschen hier, noch in den importierenden Ländern. Hier fehlt das Geld für notwendige Investitionen7, dort wird eine eigenständige wirtschaftliche Entwicklung verhindert und die Länder in die Abhängigkeit getrieben.
Was das im Ergebnis bedeutet, zeigt folgende Zahl eindrucksvoll. Der Kapitalexport führt dazu, dass nach Abzug von neuen Krediten, Entwicklungshilfe usw. im Jahr 2014 immer noch fast 1.000 Milliarden Dollar mehr von den „Entwicklungsländern“ in die „entwickelten“ Länder geflossen sind als umgekehrt. Die Behauptung, „wir“ würden armen Ländern helfen, ist also nur ein modernes Märchen.
Diese Entwicklung nun militärisch abzusichern, ist Ziel der Bundeswehr. Es geht darum, Handelswege, den Zugang zu Rohstoffen und Märkten abzusichern, die ungestörte Kapitalakkumulation sicherzustellen.
Ob nun wirtschaftliche Ausbeutung mit oder ohne militärischen Druck funktioniert, ob die Wirtschaftsmacht der EU ausreicht, damit Länder ihre Wirtschaft freiwillig öffnen, ob man gezielt Waffenexporte einsetzt, um Kooperationspartner zu stärken und andere zu schwächen, oder ob man tatsächlich Krieg führt, ist letztlich ohne Bedeutung.
Nicht nur die Menschen, die durch deutsche Panzer und Maschinengewehre sterben, werden ermordet. Sondern auch die, die im Mittelmeer auf der Flucht ertrinken oder die 20 Millionen Menschen, die aktuell vom Hungertod bedroht sind8. Der Schweizer Globalisierungskritiker Jean Ziegler hat bereits vor über 10 Jahren festgestellt, dass die Weltwirtschaft ohne Probleme zwölf Milliarden Menschen ernähren könnte und somit jedes Kind, das verhungert, in Wahrheit ermordet wird.
Dies alles ist natürlich nicht der Wille böser Konzerne oder Einzelpersonen. Es ist die Entwicklung des Kapitalismus, die dazu führt. Die Konkurrenz treibt die globalen Konzerne immer wieder zur Suche nach neuen Profiten, Absatzmärkten, Rohstoffen. Dabei können sie nicht nur, sondern sie müssen sogar über Leichen gehen. Es geht also nicht um kapitalistischen Krieg gegenüber kapitalistischem Frieden, sondern um ein Ende der kapitalistischen Ausbeutung der Welt.
Das Bündnis gegen die Sicherheitskonferenz zeichnet diese Zustände im Aufruf9 und der Zeitung10 sehr klar. Leider ohne den konsequenten Schritt zu gehen, die kapitalistischen Verhältnisse selbst ins Zentrum der Kritik zu stellen.
III. Der Hauptfeind steht im eigenen Land
Nachdem wir gesehen haben, dass ein friedlicher Imperialismus sich vom kriegerischen Imperialismus nur nach der Form, nicht aber nach dem Inhalt unterscheidet, wird auch klar, dass wir die Feinde einer menschenwürdigen Weltordnung nicht irgendwo weit weg suchen müssen.
Der deutsche Imperialismus beutet wirtschaftlich große Teile der Welt aus. Allerdings beschränkt sich Deutschland natürlich nicht auf die wirtschaftliche Ausbeutung. Kriegseinsätze in Afghanistan oder Somalia, Waffenexporte und jetzt auch noch ein großangelegtes Aufrüstungsprogramm: auch militärisch wird immer mehr mitgemischt.
Viele AktivistInnen rücken allerdings andere Akteure ins Zentrum. Beliebt je nach pro- oder anti-westlichem Standpunkt: Russland und die USA. Entweder ist es der Bombenkrieg in Aleppo, oder die Aufrüstung salafistischer Gruppen. Das Zündeln in der West- oder in der Ostukraine. Es ist die Unterstützung der reaktionären Regime in Saudi-Arabien auf der einen und des Irans auf der anderen. Das ist ja das „Schöne“ am Imperialismus: Verbrechen ,mit denen man seine Feindschaft wahlweise gegenüber Russland oder den USA rechtfertigen kann, gibt es wie Sand am Meer.
Nun ist es von einem deutschen Standpunkt natürlich weder besonders schwierig noch besonders zielführend zu begründen, was in Russland oder den USA schief läuft. Spannender wird es da schon, wenn man den deutschen Imperialismus ins Fadenkreuz rückt und konstatiert, das heute, wie schon 1915 für Karl Liebknecht gilt: Der Hauptfeind steht im eigenen Land und heißt deutscher Imperialismus.
Wer das nicht tut, wird niemals zu einer revolutionären Kraft in Deutschland, sondern im besten Fall irrelevant und im schlechtesten Fall zum Thinktank für den deutschen Imperialismus. Sollte Deutschland seine Interessen im Bündnis mit den USA durchsetzen? Oder mit Russland? Oder als eigenständiger Player mittels der EU? Wir haben nicht vor, uns den Kopf der Imperialisten zu zerbrechen.
IV. Keine linke PR für den deutschen Imperialismus
Auf einer eigenen Kundgebung versammelten sich am Sonntag nach der Großdemonstration einige Gruppen unter dem Motto: „Sicherheitskonferenz? Not my democracy!“. Dort stand eine Verteidigung des Westens auf der Tagesordnung. So distanzierte sich die Linksjugend.solid München von der Forderung nach einem Ende der Auslandseinsätze der Bundeswehr:
„Ebenfalls zu kritisieren ist die Forderung nach einem Ende aller Auslandseinsätze der Bundeswehr. Wer sich in seinem Aufruf solidarisch mit den Kurd*innen in Nordsyrien zeigt, gleichzeitig aber Waffenlieferungen an diese oder die Bombardierung des IS, ablehnt handelt antagonistisch. Solidarität mit den Kurd*innen in Syrien, Irak und in der Türkei ist dringend erforderlich, darf sich aber nicht an Dogmen, wie dem Ende aller Auslandseinsätze der Bundeswehr, klammern.“11
Man darf also Waffenlieferungen und deutsche Kriegseinsätze nicht generell ablehnen, weil sie ja auch der kurdischen Freiheitsbewegung zugute kämen. Ist das jetzt ein Beispiel dafür, dass deutsche Waffen auch Positives schaffen? Vielleicht sogar ein Argument dafür, dass von der Leyen und Gauck Recht haben? Sollte Deutschland wirklich mehr Verantwortung in der Welt übernehmen?
Die Waffen, die in die kurdischen Region im Nordirak geliefert wurden, hatten einen Wert von etwa 70 Millionen Euro. Ist das nun prägend für die deutsche Außenpolitik? Zum Vergleich: Seit 2001 wurden an die Türkei Waffen in Höhe von weit über 2 Milliarden Euro exportiert. An Saudi-Arabien wurden allein im Jahr 2016 Waffen im Wert von 529 Millionen Euro geliefert, an die Vereinigten Arabischen Emirate in Höhe von 154 Millionen. Die Unterstützer des IS und islamistischer Gruppen sind also die, die massiv von Deutschland aufgerüstet werden. Aus einer kurzfristigen Übereinstimmung der Interessen, hier in der Bekämpfung des IS, schlussfolgert die Linksjugend, dass deutscher Militarismus ja nicht per se schlecht sei!
Dass die Waffen, die hier geliefert wurden, nicht in den Händen einer Freiheitsbewegung sind, sondern in Händen des bürgerlich-nationalistischen und mit der Türkei verbündeten Barzani-Regimes, das auch nicht davor zurückschreckt, die jesidische Selbstverwaltung Sindschar mit eben diesen deutschen Waffen anzugreifen12, macht die Argumentation nur noch absurder.
Genauso verhält es sich mit den US-Luftangriffen auf den IS. Wir würden uns nie gegen irgendwas positionieren, das unseren kurdischen FreundInnen im Kampf gegen die Barbarei des IS hilft. Daraus jetzt aber abzuleiten, dass der US-Imperialismus irgendwie ambivalent sei, mal Gutes und mal Schlechtes erreicht, hat mit der Realität nichts zu tun. Ohne die Angriffskriege gegen Afghanistan, Irak und Libyen, ohne die Unterstützung islamistischer Rebellengruppen im Syrien, wären die Luftschläge gegen den IS überhaupt nicht nötig gewesen. Auch wieder: Aus der besonderen historischen Konstellation, die eine Zusammenarbeit der kurdischen Freiheitsbewegung und den USA ermöglicht, kann man nicht ernsthaft Schlüsse auf die Rolle des US-Imperialismus insgesamt ziehen.
Wie kann eine Gruppe, die es ernst meint damit, dass es die kapitalistischen Zustände sind, die immer wieder Krieg, Ausbeutung und Flucht produzieren, davon ausgehen, dass dieses System dann doch irgendwie immer wieder gutzuheißende Kriegseinsätze hervorbringt?
V. Kritik da wo sie hingehört
Oskar Huber kritisiert auf „KlasseGegenKlasse“ die „pro-russische“ Position des Bündnisses gegen die Sicherheitskonferenz. Pro-russisch, dass soll hier wohl heißen, dass Russland weitgehend von der Kritik ausgespart wird.
Als KommunistInnen haben wir natürlich keinerlei Sympathien für irgendeinen imperialistischen Player. Ob Russland, Deutschland oder die USA, all diese Länder beteiligen sich an der Ausbeutung der lohnabhängigen Klasse sowie der von ihnen abhängigen Staaten.
Aber sollten wir deshalb in unseren Texten auch alle gleichermaßen mit Kritik angreifen? Das kommt darauf an, wo und in welchem Kontext wir unsere Kritik äußern. Unsere Aufgabe als KommunistInnen in Deutschland ist es, den deutschen Imperialismus zu bekämpfen. Wenn unsere PolitikerInnen schreien „Schaut, der Russe! Wir müssen aufrüsten!“ dann sagen wir nicht „Ja, wir sehen die Aggression und verurteilen das auch, aber denkt doch einmal an das große Ganze!“.
Sondern wir schreien ihnen entgegen:
„Stoppt Eure Aufrüstung! Die Empörung über imperialistische Verbrechen aus Russland ist blanke Heuchelei, wenn sie euch nützen würden, würdet ihr sie, wie tausendfach geschehen, wohlwollend unterstützen. Kein Interesse habt ihr an den Kindern, die durch russische Bomben sterben, oder den Grenzen, die durch russische Truppen verletzt werden! Die Aufrüstung Russlands wollt ihr nutzen, um eure eigene Aufrüstung voran zu treiben, aber wir gehen euch nicht auf den Leim!“
Eine Kritik, die in Deutschland Wirkung zeigen soll, richtet sich gegen den deutschen Imperialismus und seine Verbündeten und nicht gegen seine Feinde. Nicht, weil wir andere von der Kritik ausnehmen wollen, sondern weil wir uns nicht einbinden lassen werden für eine imperialistische Strategie.
VI. Wo gegen Krieg drauf steht ist nicht immer gegen Krieg drinnen
Das alles gesagt, heißt es natürlich nicht, dass wir nicht auch genug Kritik in den „eigenen“ Reihen zu vergeben haben. Es geht uns dabei um analytische Klarheit. Um als Friedensbewegung ernst genommen zu werden, kommen wir nicht weiter, wenn wir uns mit Verschwörungstheoretikern oder Rechten gemein machen.
Darin hat das Bündnis vieles richtig gemacht. So gab es dieses Jahr im Vorfeld eine klare Distanzierung von rechten Kräften, die versucht haben bei der Demonstration Anschluss zu finden13. Es gab aber, dieses Jahr und teils in den letzten, auch Fehler in dieser Hinsicht, die wollen wir nicht verschweigen.
Lisa Fitz zum Beispiel in ihrer Rede auf der Demonstration gegen die Münchner Sicherheitskonferenz. Sie behauptet, islamistische Gruppen würden von Saudi-Arabien und der Türkei finanziert und von den USA und Israel „nach Belieben gelenkt“14, bietet sie Anknüpfungspunkte für anti-semitische Ressentiments.
Ein Bericht der Defence Intelligence Agency (DIA) aus dem Jahr 2012 bestätigt, dass die USA den Aufstieg des IS haben kommen sehen und weiter die Rebellengruppen in Syrien unterstützt haben15. An der Finanzierung von islamistische Gruppen seitens der Türkei und Saudi-Arabien, aber auch Kater oder der Vereinigten Arabischen Emirate haben wir keine Zweifel.
Trotzdem suggeriert die Formulierung „gelenkt“ ein völlig falsches Verhältnis. Islamistische Gruppen sind eigenständige Akteure und nicht bloß Handpuppen irgendeines Staates. Warum ausgerechnet die USA – und insbesondere Israel – salafistische Gruppen lenken sollten, und nicht deren direkte Verbündete, beispielsweise Saudi-Arabien oder die Türkei ist uns schleierhaft. Dass die USA den IS nicht lenken sollte spätestens klar sein, seit dem sie eben diesen zur Wahrung ihrer Interessen militärisch bekämpfen. Solche Beiträge, die dazu beitragen, die wahren Verhältnisse zu verschleiern und nicht zu entlarven, dürfen auf unserer Demonstration keinen Platz haben.
VII. Kampf und die Köpfe!
Wir wollen also streiten um eine präzise Kapitalismuskritik und eine revolutionäre Überwindung der Verhältnisse. Das können wir aber nur, wenn uns die Menschen in den Kämpfen als Partner auf Augenhöhe wahrnehmen. Die Kritik, die wir nur im autonomen Zentrum, unseren Blogs oder unsere Facebook-Blase verbreiten, mag dazu führen, dass wir uns moralisch besser fühlen, sie wird aber nicht dazu führen, dass sich etwas ändert.
Deshalb lasst uns Teil sein einer antimilitaristischen Bewegung, lasst uns immer darum kämpfen den Klassencharakter der Kriege zu entlarven, damit möglichst wenige dem Ruf zu den Waffen folgen. Lasst uns immer wieder konkret und nicht abstrakt belegen, wann und warum dieses System zu Krieg drängt. Ja, das ist der anstrengende Weg. Ja, wir müssen uns dazu viel mit Menschen auseinandersetzen, deren Meinung wir nicht teilen.
Es kann und darf uns aber nicht passieren, dass wir uns mit unserer Kritik in die Komfortzone eines linken Szenesumpfs zurückziehen. 37% der Bevölkerung sehen es bereits so, dass Kapitalismus zwangsläufig zu Krieg führt. 37%! Bringen wir die auf die Straße!
Kämpfen wir um die Köpfe unsere BündnispartnerInnen!
Kämpfen wir um die Köpfe unserer Klasse!
Bis zum Kommunismus!
1Spannende Gedanken dazu: http://monkeyking.ch/havocinheaven/?p=44
2http://almuc.blogsport.eu/2017/01/02/siko-is-coming-auf-die-strasse-gegen-die-kriegstreiberkonferenz/
3http://jugendblock.de/aufruf-2017/
4http://ka-os-muc.net/wp-content/uploads/2017/01/SiKo-Kritik.pdf
5https://www.klassegegenklasse.org/die-sponsoren-der-siko-verschwoerungstheorien-und-die-richtige-strategie-gegen-krieg/
6 http://www.friedenskonferenz.info/index.php?ID=4
7http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/deutscher-aussenhandelsueberschuss-ist-kapitalexport-und-schadet-d-a-1111265-3.html
8http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-03/hungersnot-un-hungertote-krise-vereinte-nationen-yemen-suedsudan-somalia-nigeria
9http://sicherheitskonferenz.de/de/Aufruf-SiKo-Proteste-2017
10http://sicherheitskonferenz.de/Siko2017/SiKoZ-2017-4-Seiten-bunt.pdf
11http://rotesmuenchen.blogspot.de/
12http://lowerclassmag.com/2017/04/deutsche-panzerfahrzeuge-tuerkische-bomber-der-krieg-gegen-die-jesiden-im-irak/
13http://sicherheitskonferenz.de/de/node/6859
14Genau genommen „zitiert“ Lisa Fitz hier Michael Flynn, ehem. Chef der DIA. Sie benutzt ihn hier aber als Kronzeugen gegen die Politik der USA und macht sich die Inhalte zu eigen. Teile des Zitats haben wir in Interviews gefunden, für Teile gar keine Quelle. Auf jeden Fall ist es aus dem Kontext gerissen.
15http://www.judicialwatch.org/wp-content/uploads/2015/05/Pg.-291-Pgs.-287-293-JW-v-DOD-and-State-14-812-DOD-Release-2015-04-10-final-version11.pdf