Filmveranstaltung „Die Geige aus Cervarolo“
Während des Zweiten Weltkriegs, kurz bevor er selbst an die Front geschickt wird, legt Virgilio Rovali, ein trotz seines jungen Alters im Appennin-Gebirge bei Reggio Emilia bereits bekannter Geiger, seiner Mutter seine wertvolle Geige ans Herz. Er konnte nicht ahnen, was wenige Jahre später das Schicksal seiner Familie sein würde. Virgilio ist immer noch nicht nach Hause zurückgekehrt, als am 20. März 1944 seine und viele andere Familien aus dem kleinen Dorf Cervarolo Opfer eines Massakers werden, begangen von deutscher Wehrmacht mit Unterstützung italienischer Faschisten.
Der Film „Die Geige aus Cervarolo“ (Nico Guidetti/Matthias Durchfeld, Italien 2012) dokumentiert die Kriegsverbrecher-Prozesse von Verona aus Perspektive der Überlebenden und Angehörigen der Opfer. Ihnen, die seit über 68 Jahren für Gerechtigkeit kämpfen, gibt der Film eine Stimme. Wir wollen dieser Stimme auch dort ein Gehör geben, wo die verurteilten NS-Mörder bis heute einen ruhigen Lebensabend genießen können, ohne sich für ihre Taten verantworten zu müssen. Die Filmemacher werden bei den Vorführungen in allen Städten zur weiteren Erläuterung der Hintergründe und zur Diskussion anwesend sein.
28.10. HAMBURG
Metropolis, Theaterstr. 10, 17 Uhr
29.10. OSNABRÜCK
Filmtheater Hasetor, Hasestr. 71, 20 Uhr
31.10. KIEL
Kommunales Kino, Haßstr. 22, 20.30 Uhr (in Kooperation mit der Rosa Luxemburg Stiftung S-H)
19.11. MÜNCHEN
EineWeltHaus, Schwanthalerstr.80, 19.30 Uhr
20.11. NÜRNBERG
Filmhaus, Königstrasse 93, 19 Uhr
21.11. BERLIN
Moviemento, Kottbusser Damm 22, 19 Uhr (in Kooperation mit der Rosa Luxemburg Stiftung)
Der Film wird gezeigt im Rahmen einer Kampagne gegen deutsche Nazi-Kriegsverbrecher:
Aufruf
Vogliamo giustizia – per non dimenticare – mai piu fascismo!
Kein Vergeben, kein Vergessen, keine Ruhe für deutsche Nazi-Kriegsverbrecher!
Sofortige und umfassende Entschädigung aller NS-Opfer!
Urteile gegen sieben deutsche Kriegsverbrecher in Verona
Im Juli 2011 wurden am Ende eines über eineinhalbjährigen Verfahrens vor dem Militärgericht in der norditalienischen Stadt Verona sieben ehemalige deutsche Wehrmachtssoldaten wegen ihrer nachgewiesenen Beteiligung an mehreren Massakern an der italienischen Zivilbevölkerung während des Zweiten Weltkriegs zu lebenslangen Haftstrafen und Entschädigungszahlungen verurteilt. Allesamt waren sie Angehörige der Division „Hermann Göring“, einer „Eliteeinheit“ der Wehrmacht, die sich durch ideologische Überzeugung und Freiwilligkeit auszeichnete. 67 Jahre nach den Gräueltaten in der Toskana und der Emilia Romagna, bei denen mindestens 390 Menschen jedweden Alters ermordet wurden, war für die Überlebenden und die Angehörigen der Opfer nach jahrzehntelangem Kampf um offizielle Anerkennung zumindest auf dem Papier ein kleines Stück Gerechtigkeit hergestellt: Erstmals wurden zumindest einige der als Planer und Kommandanten hauptverantwortlichen Täter nach langen Jahren des Schweigens auch durch staatliche Behörden als solche beim Namen genannt: Hans Georg Karl Winkler, Fritz Olberg (†), Wilhelm Karl Stark, Ferdinand Osterhaus, Helmut Odenwald, Alfred Lühmann und Erich Koeppe haben sich als Soldaten Nazideutschlands des gemeinschaftlich begangenen, mehrfachen, schweren Mordes schuldig gemacht. Drei weitere Angeklagte waren bereits vor dem Urteilsspruch verstorben, zwei wurden freigesprochen. Sechs der verurteilten Kriegsverbrecher verbringen noch heute unbehelligt ihren Lebensabend in Deutschland.
Keiner der Angeklagten war in Verona vor Gericht erschienen, sie wurden lediglich durch Pflichtverteidiger vertreten.1 Für einstige Nazi-Täter, die laut Prozessakten bis zum heutigen Tage auch sonst keinerlei Reue für ihr Handeln empfinden, aus gutem Grund: Hätten sie sich beim Urteilsspruch auf italienischem Staatsgebiet aufgehalten, wären sie Gefahr gelaufen, umgehend ihre Strafe antreten zu müssen.
Die BRD hingegen hält ihre schützende Hand über NS-Kriegsverbrecher: Weder müssen sie eine Auslieferung, noch eine Verhandlung der Kriegsverbrechen vor deutschen Gerichten oder gar die Vollstreckung des italienischen Urteils in Deutschland fürchten. Die Urteile von Verona mögen symbolische Ausstrahlungskraft haben. Entschädigungen für die Überlebenden und Angehörigen, die ihr Leben lang unter den Traumatisierungen und materiellen Folgen der Massaker leiden mussten, werden aber genauso unerfüllte Forderungen bleiben, wie die späte Konfrontation und In-Verantwortungnahme der Nazi-Täter. Fünf von ihnen sind derweil von ihren sicheren Alterssitzen in Deutschland aus in Berufung gegen die Urteile gegangen. Die Neuverhandlungen in Zweiter Instanz werden im Oktober dieses Jahres in Rom stattfinden.
Die Massaker
Mit der sich spätestens seit 1943 abzeichnenden militärischen Niederlage Nazi-Deutschlands und seiner Verbündeten im Zweiten Weltkrieg und der Landung der Streitkräfte der Anti-Hitler-Koalition auf Sizilien im Juli befanden sich die Wehrmachtsverbände und die Truppen des faschistischen Italiens auf dem permanenten Rückzug durch Italien, unter ihnen die zuvor in Nordafrika eingesetzte elitäre und durch besondere Brutalität gekennzeichnete Panzer-Aufklärungsabteilung bzw. Fallschirm-Panzer-Division „Hermann Göring“. Auf dem Rückzug durch Italien begingen die deutschen Truppen zahlreiche Massaker an der Zivilbevölkerung und andere Kriegsverbrechen, vielerorts hinterließen sie nicht viel mehr als „verbrannte Erde“2. Vor allem die Zivilbevölkerung hatte hierfür mit unzähligen Toten zu bezahlen.
Im Frühjahr 1944, nach der Absetzung Mussolinis und der Kapitulation der italienischen Streitkräfte, hielten Wehrmacht und SS den Norden Italiens besetzt, unterstützt von den sich reorganisierenden Einheiten der neu ausgerufenen faschistischen Teil-Republik von Salò. Dabei gingen sie mit aller Härte gegen den besonders in dieser Region zunehmenden Widerstand antifaschistischer Partisan_innen vor und verfolgten die Strategie, ganze Landstriche menschenleer zu machen. Die den Prozessen von Verona zu Grunde liegenden Massaker von Monchio (Modena), Susano (Modena), Costrignano (Modena), Cervarolo (Reggio-Emilia), Civago (Reggio-Emilia), Monte Morello (Florenz), Monte Falterona (Arezzo) und Mommio (Massa-Carrara) fanden im Rahmen dieser mörderischen Logik nationalsozialistischer Kriegsführung statt. An ihnen waren die Soldaten der Fallschirm-Panzer-Division „Hermann Göring“ führend nebst tausenden weiterer deutscher Soldaten und italienisch-faschistischer Helfer zwischen dem 18. März und dem 5. Mai 1944 beteiligt.
Legitimiert wurden die Gräueltaten mit der als „Bandenbekämpfung“ bezeichneten Niederschlagung des Widerstandes von Partisan_innen, die durch die Bevölkerung materielle und logistische Unterstützung erhalten würden. Da sich die Partisan_innen wiederum außerhalb der Dörfer versteckten, waren die Hauptleidtragenden der Massaker Kinder, Frauen, kranke und ältere Menschen. Die Täter nahmen teils mit Freude an Massenerschießungen, Artilleriebeschuss, Brandschatzungen, Menschenjagden, Vergewaltigungen, Plünderungen und Deportationen teil. Ganze Dörfer, wie Monchio am 18. März, wurden dem Erdboden gleich gemacht. Die Freude am Töten zeigt sich exemplarisch an dokumentierten Gewaltexzessen im Dorf Vallucciole, bei denen Säuglinge von Wehrmachtssoldaten zum sogenannten „Tontaubenschießen“ in die Luft geworfen wurden.3
Erst mit der vollständigen Befreiung Italiens durch die alliierten Truppen Ende April 1944 endeten hier die Terrormaßnahmen der deutschen Verbände in Italien. Die Division „Hermann Göring“ wurde als einer der letzten deutschen Truppenverbände im Juli aus Italien abgezogen und setzte ihr mörderisches Werk danach bis zur endgültigen Kapitulation Nazideutschlands im Mai 1945 an der Ostfront fort.
Allein die Opfer unter der italienischen Zivilbevölkerung, für die die Division „Hermann Göring“ verantwortlich gewesen ist, werden auf 1500 Menschen geschätzt.
Staatlich garantierte Altersruhe für deutsche Massenmörder
Die sechs noch lebenden NS-Täter Winkler, Olberg, Stark, Osterhaus, Odenwald, Lühmann und Koeppe müssen sich trotz ihrer Verurteilung keine Sorgen machen, ihre Haftstrafen antreten und materielle Entschädigungen für ihre Verbrechen zahlen zu müssen – und das, obwohl die persönliche Beteiligung an den Massakern in Norditalien, ihre Planung und Durchführung sowie nicht zuletzt ihre Zugehörigkeit zur Division „Hermann Göring“ bestens dokumentiert ist. Die italienische Staatsanwaltschaft erhob, nach Jahrzehnten der Untätigkeit, Anklage, und das Militärgericht in Verona verurteilte die ehemaligen deutschen Wehrmachtsoldaten. Doch wenngleich nach Europarecht die Verurteilten eigentlich nach Italien ausgeliefert werden müssten, weigert sich die Bundesrepublik Deutschland, dies ohne deren Zustimmung zu tun. Diese Regelung wurde in der jungen Nachkriegs-BRD von einstigen NSDAP-Parteigängern und NS-Mördern erfolgreich installiert, die ihre Karrieren häufig in Bürokratie, Justiz und Politik nach 1945 ungebrochen fortsetzen konnten. Nicht ohne Grund war das das erste eigenständig verabschiedete Gesetz der „Bonner Republik“ – das sogenannte 147er – ein Amnestie-Gesetz.
Einer denkbaren Aufnahme eigener Prozesse gegen die verurteilten Kriegsverbrecher auf deutschem Staatsgebiet verweigert die hiesige Justiz ihre Zustimmung. Der Vorwand: Ein angeblicher Mangel an Beweisen. Und ein Antrag der italienischen Staatsanwaltschaft auf eine theoretisch mögliche Vollstreckung der Urteile in Deutschland wird gar nicht erst beantwortet − er gilt als unbekannt verschollen.4
Ein solcher Unwille der BRD, ihre wohlbeherbergten NS-Täter auszuliefern, hat eine bis auf ihre Gründung zurückgehende Tradition und resultiert neben der unmittelbaren Absicherung gegen NS-Reparationsleistungen auch aus dem machtpolitischen Interesse des deutschen Staates, seine außenpolitischen Handlungsspielräume zu vergrößern. Er mag offenkundig im Widerspruch zu der offiziellen Propaganda von der „Geläuterten Nation“ stehen, die für sich beansprucht, ihre nationalsozialistische Vergangenheit aufgearbeitet zu haben. Die Nachkriegs-BRD und das heutige Deutschland haben jedoch im Kern die gleiche Motivation.
Während es in den Nachkriegsjahren in der jungen Republik Italien – trotz des umstrittenen Pakts zwischen der Kommunistischen Partei und den Christdemokraten – zunächst Anstrengungen gab, deutsche Kriegsverbrechen aufzuklären und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen, kamen diese Bemühungen schnell zu ihrem Ende, als im Zuge ihres NATO-Beitritts 1955 die Wiederbewaffnung der BRD als westlicher Frontstaat im Kalten Krieg mit dem realsozialistischen Ostblock beschlossen wurde. Die Bundesrepublik war nun nicht mehr in erster Linie der geächtete Nazi-Nachfolgestaat, sondern wichtiger Bündnispartner der Westmächte in der neuen weltpolitischen Blockkonfrontation. Auslieferungsforderungen von deutschen Kriegsverbrechern hätten innerhalb der noch jungen Bündniskonstellation für Unstimmigkeiten gesorgt. Nicht zuletzt der Aufbau der Bundeswehr wäre ohne personelle Kontinuitäten aus dem NS-Militärapparat nicht denkbar gewesen. Die Enttarnung und Anklage von Kriegsverbrechern hätte das Projekt der Remilitarisierung ernsthaft gefährden können und dem öffentlichen Widerspruch Auftrieb gegeben, der sich in den 1950er Jahren als Bewegung gegen die Wiederbewaffnung formierte, an der sich weite Teile der westdeutschen Linken beteiligten.
Der damalige italienische Außenminister Gaetano Martino sprach sich 1956 deshalb gegen Auslieferungsforderungen aus − zur Wahrung des Bündnisfriedens. Und so verschwanden in den 1950ern insgesamt 695 Akten mit Informationen zu deutschen Kriegsverbrechen im „Schrank der Schande“ der italienischen Generalmilitärstaatsanwaltschaft, die erst 1994 wiederentdeckt wurden und das 40jährige Schweigen und Verschleppen der NS-Kriegsverbrechen durch die italienischen Behörden, das im deutschen Interesse geschah, beendeten. Die Akten waren die Grundlage der Prozesse von Verona.
Doch auch heute, trotz der Verurteilung durch die Justiz eines verbündeten Staates, trotz der proklamierten „Läuterung“ und der längst abgeschlossenen und etablierten, also keinesfalls mehr gefährdeten Wiederbewaffnung der auf das Parkett der politischen und wirtschaftlichen Großmächte zurückgekehrten BRD, bleiben die wenigen noch lebenden Täter unangetastet. Denn auch die Bundesrepublik Deutschland als rechtliche Nachfolgerin des NS-Terrorstaats saß bereits mehrfach als zivilrechtlich haftender Gesamtschuldner wegen Schadensersatzforderungen für Kriegsverbrechen auf der Anklagebank. Erstmalig ging diesen Schritt im Mai 2000 das höchste griechische Gericht, der Areopag, das die BRD wegen eines Massakers der SS in Distomo zu beträchtlichen Entschädigungszahlungen verurteilte.
Solche Urteile beinhalteten die theoretische Möglichkeit, im Falle des Ausbleibens freiwilliger Zahlungen, deutsches Staatsvermögen auf italienischem und griechischen Staatsgebiet enteignen zu können. Wohlwissend, dass die Etablierung einer solchen Praxis die notorische Weigerung der BRD, ihrer Verantwortung nachzukommen, untergraben und eine Welle von weiteren Entschädigungsforderungen zur Folge haben würde, setzte die BRD die Regierungen Italiens und Griechenlands unter massiven diplomatischen Druck. Darüber hinaus reichte sie vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag, unter Berufung auf ihre dadurch angetastete „Staatenimmunität“, Klage gegen die Rechtmäßigkeit der Urteile ein – und bekam Anfang dieses Jahres Recht.5
Denn ein zivilrechtlicher Anspruch auf Entschädigungen gegenüber kriegführenden Staaten für Kriegsverbrechen hätte fatale Folgen – nicht nur für Deutschland: Es würde ein Präzedenzfall geschaffen, der prinzipiell den zivilen Opfern aller Kriege – vergangener wie zukünftiger – das Recht auf Entschädigungszahlungen zuspräche.
Deutschland führt seit dem Kosovo-Einsatz – ausgerechnet begründet mit der Lehre, die man aus Auschwitz gezogen haben will – wieder Angriffskriege und ist folgerichtig in Kriegsverbrechen verwickelt, wie jüngst das Beispiel Kunduz gezeigt hat. Die Kosten solcher Kriege, die die ökonomische und politische Vormachtstellung in der sich zuspitzenden globalen Standortkonkurrenz absichern sollen, würden durch entsprechende Entschädigungsansprüche drohen, in die Höhe zu schnellen. Eine Sorge, die die BRD mit allen anderen nach geostrategischer Macht strebenden kriegführenden Staaten teilt.
Die Entschädigungsforderungen gefährden die Hegemonie der BRD auch in einem weiteren Punkt: Offene Rechnungen bei Opfern des NS-Terrors in Griechenland und Italien passen nicht zu einer Politik, die in Zeiten sich überschlagender kapitalistischer Krisen alles daran setzt, die Bevölkerungen derselben Staaten für die Folgen des ökonomischen Kollaps bezahlen zu lassen und sich den deutschen Interessen zu unterwerfen.
Solidarität mit den Opfern Nazideutschlands heißt den Tätern auf die Pelle rücken
Dass Nazi-Täter seit Jahrzehnten ungestört in unserer Nachbarschaft leben, ist in Deutschland leider keine neue Erkenntnis – deshalb ist sie freilich nicht weniger unerträglich. Vielmehr ist diese Realität eine Aufforderung an alle, die es als Angehörige der nachfolgenden Generationen im Land der Täter/innen mit der historischen Verantwortung ernst meinen, antifaschistisch konsequent dort, wo es noch möglich ist, bekannte NS-Mörder auch in ihrem direkten sozialen und familiären Umfeld nicht als unbescholtene Bürger in die Geschichte eingehen zu lassen, sondern sie als die willigen Vollstrecker des deutschen Massenmordes in Europa zu benennen, zu denen sie vor bald 70 Jahren wurden, und damit zumindest punktuell Gerechtigkeit für die Millionen Opfer des Nazi-Terrors herzustellen. Zu viele der NS-Täter und ihrer Helfer/innen konnten in Ruhe ihr biologisches Ende antreten, ohne jemals Konsequenzen für ihr Handeln übernommen haben zu müssen. Doch dort, wo wir schwarz auf weiß die Namen von deutschen Kriegsverbrechern einsehen können, ist einige letzte Male am konkreten Beispiel zu benennen, wer aufrichtig im Sinne der Menschlichkeit und wer verbrecherisch gehandelt hat. Diese Unterscheidung erachten wir als die notwendige Bedingung der Möglichkeit eines egalitären, solidarischen und freien Zusammenlebens aller Menschen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat, welches Lippenbekenntnis sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten auch abgegeben haben mag, niemals glaubhaft Verantwortung für die Nazi-Verbrechen übernommen und ein Interesse an Gerechtigkeit fü deren Opfer gehabt. Sie hat stattdessen seit jeher den eigenen ökonomischen und politischen Nutzen zum Maßstab des ambivalenten Verhältnisses zu dieser Vergangenheit gemacht. In einem solchen Land, in dem bis heute Menschen im Namen der nationalsozialistischen Ideologie ermordet werden, in dem Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus und Krieg gesellschaftlich breit verankert und zudem fest integrierter Bestandteil herrschender kapitalistischer Standortpolitik sind, liegt es an denen, die nicht vergessen und vergeben wollen, die Geschichtsschreibung der Täter/innen zu revidieren.
Wir werden die Nazi-Kriegsverbrecher, Angehörige der Division „Hermann Göring“, Hans Georg Karl Winkler aus Nürnberg (Leutnant und Kommandant der 4. Kompanie, maßgeblich mitverantwortlich für Massaker am Monte Falterona und in Mommio), Wilhelm Karl Stark aus Unterföhring bei München (Feldwebel und Kommandant der 3. Kompanie, maßgeblich mitverantwortlich für Massaker in Cervarolo, Mommio und Monte Falterona), Ferdinand Osterhaus aus Osnabrück (Leutnant und Kommandant der 5. Kompanie, maßgeblich mitverantwortlich für Massaker in Monchio, Susano, Costrignano und Mommio), Helmut Odenwald aus Berlin (Hauptmann und Kommandant der 5. Kompanie, maßgeblich mitverantwortlich für Massaker in Monchio, Susano, Costrignano, Monte Morello und Monte Falterona), Alfred Lühmann aus Bargstedt bei Stade (Gefreiter der 4. Kompanie, maßgeblich mitverantwortlich für Massaker in Monchio, Susano, Costrignano und Monte Falterona) und Erich Koeppe aus Laboe bei Kiel (Oberleutnant, maßgeblich mitverantwortlich für Massaker in Monchio, Susano und Costrignano)
in ihrer unverdienten Altersruhe stören und sie nicht unkonfrontiert mit ihrer mörderischen Vergangenheit das Zeitliche segnen lassen. Wenigstens dort, wo es uns möglich ist, werden wir den deutschen Schlussstrich der Läuterung unter die mörderische NS-Geschichte, mit der nie nachhaltig gebrochen wurde, durchkreuzen.
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