Jubel über militärische Schauspiele ist Reklame für den nächsten Krieg

Erstmals in der 40-Jährigen Geschichte der Bundeswehr-Universität München wurde am Freitag den 29. Juni ein Beförderungsappell für 573 Offiziersanwärter im Hofgarten der Münchner Residenz öffentlich zelebriert. In kurzer Zeit fand sich ein breites Protestbündnis aus mehreren dutzend Organisationen und Einzelpersonen zusammen, die zu einer antimilitaristischen Gegenkundgebung auf dem benachbarten Odeonsplatz aufriefen. Trotz geringer Mobilisierungszeit und brennender Hitze versammelten sich über 400 Münchnerinnen und Münchner unter einem Zitat Kurt Tucholskys „Jubel über militärische Schauspiele ist Reklame für den nächsten Krieg“ um gegen die militaristische Propaganda zu demonstrieren.
Die Rednerliste der Kundgebung war vielfältig. Der ehemalige Münchener Bürgermeister und Verfassungsrichter Hahnzog betonte, dass schon die Propagierung von Auslandsinterventionen gegen Verfassung und Völkerrecht verstoße. Ein weitere Redner sagte, dass anknüpfend an die 1914 hier jubelnde Menge blumenbekränzter Soldaten vor der Feldherrenhalle, die von übelsten Hetzern auf die Gemetzel des 1.Weltkriegs zugerichtet wurden, über die ebenfalls hier erfolgte Niederschlagung des Hitlerputsches 1923, sich die heutigen DemonstrantInnen in die Tradition der 1918 hier aufmarschierten Arbeiter- und Soldatenmassen der Räterepublik sehen. Schon damals hätten sich diese dem deutschen Militarismus entgegengestellt. Doch auch heute sei dieser noch nicht besiegt. Im Gegenteil erleben wir zur Zeit einen neuen Anlauf der Kriegsverherrlichung durch den Bundespräsidenten, Bundeswehr-Werbeveranstaltungen in Schulen, auf Messen und Volksfesten, so der Redner.
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Große Zustimmung der Versammelten fand eine Aktion vom Vortag. Eine Gruppe christlicher und antimilitaristischer AktivistInnen hatte die Theatinerkirche am Odeonsplatz für mehr als zwei Stunden besetzt. In dieser Kirche sollte das Bundeswehr-Spektakel mit einem Gottesdienst der Offiziersanwärter beginnen, um anschließend im Hofgarten zu Offizieren befördert zu werden. Die Besetzer breiteten vor dem Altar Transparente mit zum Frieden mahnenden Bibelzitaten und „Kein Werben fürs Sterben“-Bannern aus. Auch eine Gruppe kurdischer und türkischer Studierender beteiligte sich an der Besetzung und demonstrierte ihre Ablehnung gegen Militarismus in der Türkei, in Deutschland und sonstwo. Die zuständigen Dominikaner mussten in der emotionalen Debatte zugeben, dass jedes Jahr auch ein Gottesdienst für die Mittenwalder Gebirgsjäger dort stattfindet, einer Truppe, die sich ohne Abstriche zur mit Kriegsverbrechen gespickten Besetzung Kretas im 2.Weltkrieg bekennt.
Die politische Breite der UnterstützerInnen des Protestes war beachtlich, vom Fraktionsvorsitzenden der Grünen Sigi Benker, christlichen Organisationen und einem ehemaligen Münchner Bürgermeister, einen so breiten antimilitaristischen Konsens hatte es lange nicht mehr gegeben. In der gemeinsamen praktischen Aktion gegen die unmenschlichen Verhältnisse den Anderen und seine Überlegungen respektieren, anerkennen und vielleicht sogar davon zu lernen war das Motto. Der Politikwissenschaftler Mario Candeias drückt es wie folgt aus: „Ein produktives Mosaik der Linken sucht nicht nach Gemeinsamkeiten, sondern stellt sie selbst im gemeinsamen Handeln her.“ Und deshalb waren sich alle Demonstranten einig, dass nach wie vor gilt: Nie wieder Militarismus, Faschismus und Krieg.
Quelle: kommunisten.eu