Ins Herz der Bestie

Im Folgenden einen lesenswerten Aufruf des 3A Bündnis zu den Krisenprotesten in Frankfurt:

Ins Herz der Bestie!
Die Zentren des deutschen Imperialismus angreifen!

Bereits vor, verstärkt aber seit Ausbruch der Krise arbeitet das deutsche Kapital an der Verwirklichung eines alten Projekts: der Herstellung eines deutsch-dominierten europäischen Wirtschaftsraums. Dazu bedient es sich – immer im Spannungsfeld von Kooperation und Konkurrenz mit den anderen „Kernländern“ der EU – der institutionellen Mittel der Europäischen Union, um den Peripheriestaaten (Griechenland, Portugal, Spanien, Irland, usw.) systematisch eine Kürzungs- und Privatisierungspolitik aufzuzwingen, die ihresgleichen sucht: Massenentlassungen, Lohnkürzungen, Ausverkauf von staatlichem Eigentum, Abbau von Sozialleistungen – das sind die Eckpunkte der in Berlin und Brüssel geschnürten „Rettungspakete“.
Nachdem das Kapital aus den ökonomisch starken imperialistischen Kernländern der EU jahrzehntelang die ökonomisch Schwächeren mit einer Mischung aus Kapital- und Warenexport kaputtkonkurriert hat, werden diesen „Schuldnerstaaten“ nun die nächsten deutschen Exportprodukte aufdiktiert: HartzIV und Agenda 2010 sollen gesamteuropäische Zwangsmaßnahmen werden, die Peripheriestaaten werden damit noch stärker als bisher zu Zonen von Niedriglohn, Arbeits- und Perspektivlosigkeit und Armut.
Krieg nach innen und außen
Es dürfte damit offensichtlich sein, dass die immer wieder beschworenen Formeln von der Europäischen Union als einem „Friedensprojekt“ und einem Zusammenschluss von Staaten zum Zwecke gegenseitiger Hilfe völlig realitätsferne Floskeln sind. Es handelt sich bei der EU um ein Kriegsprojekt im mehrfachen Sinne: Nach innen wird gegen die eignen Bevölkerungen ein Krieg zur Durchsetzung der Interessen der Banken und Konzerne geführt, nach außen ein ökonomischer Krieg gegen andere Staaten. Gleichzeitig rüstet sich Brüssel um in Zukunft auch militärisch eigenständig global handlungsfähig zu sein.
Dabei ist die EU ein in sich widersprüchliches imperialistisches Zweckbündnis mit verschiedenen Interessenkonstellationen: Einerseits gibt es den Widerspruch zwischen den „Kernstaaten“ (Frankreich, Deutschland) und den Ländern der Peripherie, bei dem erstere darauf bedacht sind, letztere so effektiv wie möglich auszunehmen und ihren Zwecken unterzuordnen. Daneben aber gibt es auch unter den „Kernstaaten“ Konflikte darüber, wie dieses Europäische Kapitalregime aussehen soll, und wer darin welche Rangordnung einnehmen kann. Und gleichzeitig gibt es die Bestrebung die EU als Ganzes als „global player“ gegen die noch stärkste imperialistische Macht, die USA in Stellung zu bringen. Letzteres Projekt braucht einen starken Euro als zweite Weltwährung in Konkurrenz zum Dollar.
Diese Momente sind wichtige Triebkräfte der imperialistischen Kernländer. Der deutsche Imperialismus stellt dabei die zur Zeit stärkste Kraft dar und kann aus dieser Position heraus seine Interessen am Wirksamsten umsetzen. Berlin verfolgt dabei die Strategie einerseits die Währungsgemeinschaft nicht auseinanderbrechen zu lassen, um die Stellung der EU als „global player“ nicht zu gefährden. Andererseits sollen durch „Rettungspakete“, eine bankenfreundliche Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und die den „Schuldnerstaaten“ aufgezwungenen Maßnahmen ökonomischen wie sozialen Kahlschlags westeuropäische Banken und Finanzinvestoren stabilisiert werden.
Auf Kosten der Arbeiterklasse
Diese Art von Krisenbewältigung hat ihren Preis – und den zahlen selbstverständlich nicht das Kapital und seine politischen InteressenvertreterInnen. In Griechenland führen immer neue „Sparpakete“ zu weiterer Deindustrialisierung und dem Erodieren der Volkswirtschaft. Hunderttausende sind von Lohn- und Rentenkürzungen betroffen, viele verlieren ihren Job, die letzten Reste des Staatseigentums werden verscherbelt. In Spanien beträgt die Erwerbslosigkeit inzwischen 23 Prozent, jeder zweite Jugendliche ist ohne Arbeit. Besonders betroffen sind hier (oft illegale) ArbeitsmigrantInnen, die schon zuvor, wenn sie denn das mörderische Grenzregime der EU irgendwie überwinden und ins Land kommen konnten, zu den ausgebeutetsten Schichten der Arbeiterklasse zählten. In Portugal wurden Löhne gekürzt und Renten eingefroren, und auch in Italien wurde beschlossen mehrere Milliarden Euro einzutreiben, „um die Finanzmärkte zu beruhigen“.
Dieser soziale Kahlschlag geht einher mit dem Abbau nationaler Souveränität und der Beseitigung des letzten Scheins von Demokratie in den betroffenen Staaten. Längst wird in Brüssel und Berlin entschieden, was in Athen und Rom umgesetzt werden soll. Damit auch ganz sicher ist, dass sich die jeweiligen Regierungen nicht den Wünschen des Kapitals der imperialistischen Hauptmächte innerhalb der EU widersetzen, werden sie bereits vor den Wahlen auf die Einhaltung ihrer „Verpflichtungen“ gegenüber der EU festgelegt. Im Notfall werden eben sogenannte „Expertenregierungen“ wie die unter Loukas Papadimos in Griechenland oder die Mario Montis in Italien gebildet. Deren einziger Zweck ist, frei von der Notwendigkeit wiedergewählt zu werden, die vermeintlich alternativlosen Sachzwänge der kapitalistischen Reproduktion gegen die Lebensinteressen der Menschen durchzuboxen.
Frankfurt grüßt Athen
In den Peripheriestaaten regt sich gegen diese Krisenbewältigungspolitik längst massenhafter, entschlossener Widerstand: Demonstrationen von Hunderttausenden, Generalstreiks, Fabrikbesetzungen, militante Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die Menschen in den Peripheriestaaten werden sich zunehmend dessen bewusst, dass es keine Alternative zum Kampf gegen dieses System von Ausbeutung und Unterdrückung gibt. Die Aufstände in Nordafrika und dem Nahen Osten zeigen, dass dieser Prozess keineswegs an den Grenzen Europas aufhört und Menschen weltweit anfangen nach gesellschaftlichen Alternativen zu suchen.
Währenddessen bleibt es in Deutschland relativ ruhig – und das, obwohl auch hierzulande der Druck auf die Erwerbslosen, Jugendlichen und Teile der Lohnabhängigen ständig steigt. Auch die Aufstände in Nordafrika und dem mittleren Osten zeigen uns, dass über die Grenzen Europas hinaus die Masse der Bevölkerung nicht mehr bereit ist Ausbeutung und Unterdrückung hinzunehmen und anfängt nach gesellschaftlichen Alternativen zu suchen.
Deshalb wollen wir zusammen mit anderen Gruppen am 18. Mai in Frankfurt versuchen, ein offensives Zeichen internationaler Klassensolidarität zu setzen. Wir wollen unseren Widerstand ins Herzen der Bestie tragen und das ökonomische Zentrum des deutschen Imperialismus blockieren und angreifen. Damit wollen wir in Deutschland Klassenkämpfe entfalten und für die GenossInnen in Athen, in Thessaloniki, in Madrid, in Bilbao und in den anderen Orten der europäischen Peripherie sichtbar machen, dass auch in der BRD Menschen Widerstand gegen den deutschen Imperialismus und sein autoritäres Krisenbewältigungsregime leisten.
Klasse gegen Klasse!
Krieg dem Krieg!
Für den Kommunismus!